Px ieter ,
Heinrich.
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jedoch für Bieter die gute Folge, dass er seinen Studien einen
grössern Charakter und mehr Eigenthiimliichlscit im Einzelnen ge-
ben musste, wodurch sich dann auch seine nachherigen Arbeiten
auszeicbncten. Er bediente sich dazu abwechselnd bald der blos-
sen Tusche, bald der schwarzen und weissen Kreide, bald der
Wasser- und bald der Oelfarben, und sein Sturz des lieiohenba-
ches in letzterer Manier mag wohl eines der besten Produkte seyn,
das je an Ort und Stelle vollendet wurde. Seine Zeichnungen von
Baumgruppen, einzelnen Bl-iumen, Stämmen , Aesten oder von Fel-
sen rieseluden Bächen, Pflanzen u. s. w., meistens mit schwarzer
und weislser Kreide auf "dunklem Papier, zeichnen sich durch eine_
breite, körnige Behandlung aus, und lassen auf ein sicheres Auge
und eine sehr geübte Hand schliesscn. So meisterhaft indessen
Bieter seine Bäume nach der Natur zeichnete, so unzufrieden wurde
er oft damit, wenn er sie in Gemälden ausführte. Er wollte da-
bei alles Unhestimmte, bloss Conventionelle des sogenannten Bauin-
schlags vermeiden, und gern jedem Baume seinen eigenthiimlichetx
Charakter lassen, verfiel aber, um nicht mager, steif und klcinlicht
zu werden, in spätem Jahren besonders, in eine getupfte (mon-
chete) Manier. Sonst zeichnen sich seine Werke durch klare. ent-
schiedene Farbe, Reinlichkeit und dauerhafte Behandlung aus. Blaue
Himmel mit schütten, leichten Wolkengebilden, Felsen, Wasser-
fälle gelangen ilnn vorzüglich gut, und hellen Sonnenglanz über
dergleichen Gegenstände zu verbreitennverstand er in einem Grade,
worin er wahrscheinlich von wenigen liiinstlern seiner Zeit über-
troffen wurde. Ein Gemälde, das in den Besitz des Schultheiss
von Miilitien kam, und eine italienische Gegend darstellt, wird
als sein bestes VVerk geriihmt. Aber auch in spiitern Jahren be-
hielt er diesen Vorzug bei, und selbst in dem nur wenige VVo-
chen vor seinem Ende vollendeten Bilde, dessen verkleinerte Nach-
bildung dem 15. Neujahrsstück der Künstler-Gesellschaft in za-
rich beigefügt ist, hat er bewiesen, dass sein Auge und sein Geist
noch ungetrübt die Schönheit der Natur aufzufassen und wieder
zu geben vermochte, die er früher mit so glücklichem Erfolge zu
erreichen bemüht war.
Nachdem) Aberli 179.6 gestorben war, übernahm Bieter die
Fortsetzung von dessen so beliebt gewordenen Blättern. und Ver-
mehrte sieimit einer Anzahl vuu neuen und grössern Stücken. Da
aber auch diese Arbeiten, wie fPÜh" die Aberlilschen. VI"! dem
Speh-ulatiunsgeiste häuiig nachgeahmt Würden. 80 Slfßngte er alle
seine Kräfte an, um durch stete Vervullhouittinung (lieses besten-
dern liunslfaches und durrlx ausgedehnte, Vivlß Zeit und Arbeit
erforrlc-rnde Blätter den Copisten ihr Machwerls zu erschweren.
Mit unermiidetenx Fleisse vollendete er jedes Blatt selbst, um ihm
durch innerin XVerth den Vorzug vor den immer häufiger werden-
den Nachahmungen zu verschaiien. Die Figuren und Thicre liess
er in seinen Landschaften von andern Künstlern darstellen, wozu
ihm friiher Freutlenberger und später Nils. Iiiixiig in Bern behiilf-
lich war. Ausser einer Fortsetzung vun Aberli's izchn kleinen Bllit-
{am von Schweizerlandsclialten, hatte er noch acht grössere ra-
dirt und in Farben ausgemalt herausgegeben. Unter den letztem
gehört besonders der Griessbach am Brienzersee zu dem Schön-
sten und Vollendetsten, was man bis dahin in dieser Ar! 13115811
kann, Sein jungercrSohn widmete sich der Ausarbeitung der ra-
dirten Blätter Seines Vaters, wozu ihn dieser herangebildet hatte.
Bieter bekleidete 58. Jahre die Stelle eines Lehrers der Zei
chenltunst in Bern, und starb daselbst 1318.