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Primaticcio ,
Francesco.
Franz I. schickte seinen Hofmalcr 1540 nach Rom, um werthvolle
antike Sculpturen anzukaufen. Es gelang ihm 125 Statuen und
eine grosse Anzahl von Büsten zu erwerben, und die berühmtesten
Antiken, welche nicht käuflich waren, liess er durch Vignola ab-
formcn, um sie in Frankreich in Bronze zu giessen. Dieses ge-
schah namentlich mit der inediceischen Venus, dem Apollo von
Belvedere, dem Laokoun, der Ariadne, den Statuen des Nil und
der Tiber, des Marc Aurel etc. Mehrere jener Brunzegüsse zieren
jetzt den Garten der Tuilerien, früher zierten diese allen Sculp-
turen die Zimmer, die Höfe, die Springbrunnen und Gärten von
Fontainebleau. Primaticcio hatte mit der Ausschmückung der Zim-
mer, und mit der Einrichtung des Curjositäten-Cabinets viel zu
thun, und so hatte er zum Malen wenig Zeit. Es war aber damals
noch Piosso in Fontainebleau thätig; erst nach dem Tode dieses
Meisters, und während der Regierung Heinrich ll. kam die Mehr-
zahl der von Franz I. projektirten Freskobilder zu Stande. Im
Jahre 155i gewann er an Nicolo del Abbate ein rüstiges Talent
für die Ausführung seiner zahlreichen Erfindungen. Andere Ge-
hülfen waren Gio. Bagnacavallo jun., Ruggieri di Bologna, Pros-
pero Fontana und Caccianemici. Alle diese Iiünstler malten nach
rimaticcids Compositionen. deren Inhalt vorzugsweise das Leben
und die Schicksale des Odysseus bildeten. So malte Nicolo del
Abbate in dem läavillon, worin sich das Cabinet der Curiositäten
befand, in dem sogenannten Zimmer des heil. Ludwig, acht Fres-
kqbilder, welche die Veranlassung und die Vorbereitung des Zu-
ges nach Troja behandelten. als: der Besuch des Paris bei der He-
lena, der Raub der Helene, die Trauer des Menelaus (larüber,
Odysseus, wie er sich. um die Fahrt nach Troja zu vermeiden,
blödsinnig stellt, die Wahl des Againemnon zum Anführer, das
Opfer der Griechen vor der Abfahrt, Thetis, welche den Vulkan
bittet, die Waffen des Achill zu schmieden, und endlich die Ent-
deckung des Achilles unter den Töchtern des Lycornedes. Das
eigentliche Hauptwerk beider Künstler führte N. del Abbate in der
sogenannten grosscn, 456 Fuss langen und 18 Fuss breiten Galle-
rie aus. 58 Bilder, von denen jedes 611- Fuss hoch und 3 Fuss
breit war, stellten hier an den Seitenwänden die Hauptmoinente
aus der Odyssee dar. Das auf das Reichste mit Gold und Stucca.
turarbeitcn verzierte Tonuengewölbe enthielt ausserdem noch 15
grössere Bilder, deren jedes von 4 kleineren umgeben war. Die
zwei vom bedeutendsten Umfange in der Mitte der Gallerie stellten
ein Festmahl der olympischen Götter, und Apoll mit denlVIusen
auf dem Parnass dar. Auch die übrigen grösseren enthielten Güt-
ter, oder Vorgänge aus der Mythe derselben. Dr. Waagen. liunst-
werke in Paris III. 26, glaubt, Priinaticcio habe in dieser Behand-
lung der Odyssee eine Art Gegenstück zu den I-lbnuptvorgiingen
aus der Ilias liefern wollen, welche Giulio Romano im Pallaste del
Te malte; allein er blieb sehr tiel unter seinem Vorbilde. Von ei-
nem Eingehen in den Geist des Gedichts gar nicht zu sprechen,
ist die Auffassung der meisten Bilder eberr so unbedeutend, als
manierirt, wie Waagen bemerkt. Die Ausfuhrnng des Nicole war
nach dem Zeugnisse Vasari's durch den Gebrauch wenig gebroche-
ner Lokalfarben von grusser Iiraft und meisterlich gerundet und
verschmolzen, dic llanptwirkung indessen etwas dunkel. Auch
waren sie ganz in Fresco beendigt, ohne irgend eine Nachhiilfe in
teinpera. Diese Gallerie des Ulysscs ist nicht mehr vorhanden.
die Darstellungen sind aber durch das Werk: Lcs travaux d'Ulisse
peints ii Fontainebleau par le Primzitice. Par Theodor van Thnl-
den. 1633, bekannt. Tli. v. Thulklen hat jene Bilder auf 58 Blät-