Volltext: Poyet, Bernard - Renesse, Daniel (Bd. 12)

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VZIII 
Rembrandt 
Ryn , 
Paul. 
diesem Bilde den Kerker, aus dessen Fenster der greise Herzog 
hervorschaut, und vor ihm steht Adolph in prächtig glitzernder 
Iileidung, die Schleppe seines Fiirstenmantcls von flwei lylohrpn- 
knaben getragen. Er hallt die Faust zu dem Alten empor, mit 
Verderben sprühenden Blicken stiert er vor sich hin, wild wie eine 
Pferdemähne umwogt das volle Simsonshaar sein Haupt. lVInn 
liest es mit Grauen in diesen entmenschten lügen. dass er augh 
das letzte Mittel nicht scheuen wird, um zur Erfüllung seiner 
Wünsche zu gelangenr Das Bild, sagt Iiugler, ist von einer tru- 
gischen Grösse, wie sie nur etwa Shakespeare in seinem Richard 
III zu erreichen vermochte, von einer Gewalt in der Färbung und 
in den Würfen des Lichtes, die in ähnlicher Art schwerlich auf 
einem andern Bilde zu finden seyn möchte. Das andere Bild des 
Berliner Museums stellt den Moses dar, im Begriff, die 'l1al'rlxi 
des Gesetzes zu zerschlnettern. Zorn und Schmerz wühlen auf 
eine furchtbar ergreifende Weise in dem Antlitz des Gottgesantl- 
ten. Das Bild ist überkühn, der Sage nach nicht mit dem Pinsel, 
sondern mit den Fingern gemalt. 
Andere Bilder beruhen ganz in der Darstellung phantastischer 
Ilichterscheinungen, die, wie sie über die lülflßldßl) Personen über- 
raschend und betäubend hereinbrechen, so auch den Beschauer 
in jene Welt des Wunder-baren und Mährchenhaften mit Gewalt 
hineinziehen. Unter den Bildern der Art ist besonders das Opfer 
Abraham? in der Gallerie der k. Eremitage zu St. Petersburg, und 
die Familie des Tobias mit dem Engel im Pariser Museum anzufiih- 
ren. Auch-ist vornehmlich eine Reihenfolge kleiner Bilder in der 
kgl, Pinakothek in Munchen zu nennen, welche Scenen aus dem 
Leben Christi darstellen.  Oder es ist minder ein solcher P15", 
licher Effekt des Lichtes, als vielmehr das stille, gelieimnissvolle 
Spielen des Helldunkels, welches dann eine eigenthümliche träumeri- 
sche Stimmung hervorruft, wie z. B. in ein Paar Bildchen des 
Berliner Museums, welche dürftig verfallene Bauernhiitten mit 
seltsamem Gesindel, heilige Personen nach der Absicht des Künst- 
lers. Auch gehört zu den Bildern dieser Art und Wirkung ein 
vorzüglich schönes Gemälde der Gallerie Esterhazy zu VVien: zwei 
studirende lViönche, deren Umgehung durch das hinter einem 
Vorhange stehende Licht mit einem wundersamen Schimmer er- 
füllt wird.   
 In einigen Gemälden hat es Rembrandt gewagt, Gegenstände der 
heiligen Geschichte in griisseren Dimensionen und mit einer ge- 
wissen Entiiusserung seines phantastischen Wesens zu behandeln; 
aber in diesen Werken tritt seine gemeine Auffassung der Formen 
um so auffälliger hervor. Das widerwärtigste von den Bildern 
der Art ist nach liugler jenes der Gallerie Esterhazy, welches in 
lebensgrossen Figuren Christus vor Pilatus darstellt. Christus ganz 
nackt, ein höchst missgeschadener holländischer Akt, die andern 
Figuren wiederum mit einer gewissen Reminiscenz an das Phanta- 
stische, die aber hier, im Gegensatz gegen diese gemeine Natur, 
nur unerfreulich wirkt. Eben so ist auch ein grosses Bild der 
heil. Familie in der Münchner Gallerie wenig anziehend. 
Auch der antiken Mythe ist Rembrandt in einigen Füllen nach- 
gegangen. Diese passt zwar in ihren Anforderungen auf classischc 
Reinheit auch nicht sonderlich für sein düster eigenwilligßs W6- 
scn, doch hat er sie zuweilen wiederum auf eigenthümliche Weise 
in das Mälirchen seiner Heimath zu übersetzen vermacht. Dahill 
rechnet Iiugler besonders ein, fabelhaftes Bild der Gallerie Lich- 
tenstcin zu Wien, n-elches die Diana vorstellt und irgend einen
	        
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