Prag ,
Theoderich
VOD-
die heil. Ursula mit dem Pfeile und Palmzweige, die heil. Elisa-
betli, Landgräfin von Thüringen in lslösterlicher Kleidung, wie
sie einem armen Manne Speise reicht. mild und freundlich; die
heil. Iilara, die heil. Agnes mit Lamm und Palme, im grauen
mit Edelsteinen besetzten Gewande. Aus allen aber leuchtet die
heil. Ludmilla hervor. Sie hat ihr schönes, ernst mildes Angesicht
gerade vorwärts gerichtet, die edelgeformten Hände sind zum Ge-
bete erhoben, ein weisser Nonnenschleier umhiillt ihr Haupt, auch
der Iiiirper ist in weisse Gewänder gehüllt, diese scheinbar von
dickerem, reicherem Stoffe als der Schleier, sehr schön und einfach
gezeichnet. Der Hintergrund ist ultramarinblau, ein goldener,
mit gepressten Verzierungen geschiniickter Strahlenschein umgibt
das Angesicht. In der Nähe der heil. Ludmilla endlich sieht man
eine schöne blonde Jungfrau, die in den Händen eine Kapelle
hält, und zwei Nonnen, wovon eine in brauner Harmeliterklei-
dung, einen Scepter in der Hand hält, die andere aber ein hiin-
melblaues Gewand mit weissein Schleier trägt, in den Händen ein
offenes Buch.
Die Wand gegenüber zeigt wieder lauter männliche Heilige, Bi-
schöfe mit Büchern und Hirtensti-iben, den heil. Laurentius und
den Erzinartyrer Stephanus , den heil. Dionysius , mit den Werk-
zeugen ihrer Marter. So wie man dem Altare näher kommt, tre-
ten die unmittelbaren Gefährten Christi und seine Zeitgenossen
vor die Augen: Johannes der 'I'äu'fer mit dem Lamnie; die heil.
Evangelisten, unter welchen die jugendlich schöne und blühende
Gestalt des Johannes sich auszeichnet; die heil. Mutter Anna, mit
ihrer Tochter Maria und dein Jesuslsindlein, alle auf einem Bilde
nach gewöhnlicher Weise zusammengestellt. An den äussersten
Ecken sieht man wunderschöne Engelchen , mit reizenden runden
Gesichtchen, besonders einen Schutzengel, der die ihm anvertraute
Seele, deren Gestalt an Iiarl IV. selbst erinnert, schützend be-
wehrt, und zum Ziele des Lebens hinweiset. Die Zeichnung
der Gesichter ist im Ganzen für jene Zeit ziemlich gut; man er-
kennt in ihnen überhaupt das Streben nach dem Idealen, oder
nach einer mehr typischen und herkömmlichen Form, wie dies in
der byzantinischen und alt-italienischendiunstweise der Fall ist,
wogegen die deutschen Meister jener Zeit schon mehr die Natur
in ihrer ganzen Schärfe, aber unbehultlich, nachzuahmen suchten,
wodurch sie meist in Carrihatui- verfielen. lndess bleibt es wahr,
dass Theoderichs Köpfe den entgegengesetzten Fehler haben, und
unbestimmt. geschwollen und muslcellos erscheinen. Augen und
Mund sind meist schön und edel, der Blick fast iminer seelenvoll,
tief und durchdringend, und gibt den Bildern den grössten Werth,
über dem man viele andere Unvollkommenheitcn vergisst. Die
Nase dagegen pflegt Theoderich fast immer ins Profil zu stellen,
was bei den Köpfen en face natürlich am unau enehmsten auffällt.
Die Hände sind manchmal recht schön gezeicäinet. Das Colorit
der männlichen Köpfe ist meist wärmer und besser, als jenes der
weiblichen, bei welchen die grauen kalkigen Töne, zumal in den
Schatten, vorherrschen. Die Lichter sind nirgends stark aufgetra-
gen, sondern alles ist glatt und verbunden._ Die Haare scheinen
nicht so unverständig gemalt, als Fiorillo meint; auch die Hände
haben oft eine sehr wahre Farbe. Was die Gewandung betrillit,
so lässt sich nicht von allen gleich urtheilen; einige, z. B. das
weisse Gewand der heil. Ludinilla, zeigen Spuren eines gut gedach-
ten und nach der Natur verständig gemalten Faltenwurfes; andere.
vorzüglich männliche Kleider. hat die seltsame Behlebung mit ver-
goldeten Gypsplättchen, die, ohne alle Rücksicht auf den Gang der