Baimondi ,
Ißiarcanfonio.
Schrechlichen des Gegenstandes vollkommen anssiihixt. Mal-
vasia sagt, dass Marc-Anton dieses Blatt fur einen römischen
Privatmann gestochen habe, mit der Verpflichtung, weder
fiir sich, "noch für einen-andern die Darstellung im Stiche
zu wiederholen. Allein Raimondi soll sich durch den Bei-
fall, welchen dieses Blatt erhielt, und durch die HoFfnung
zum Gewinn haben verleiten lassen , den Hindermord nach-
zustechen, was den Besitzer der ersten Platte zur tödtlichen
Rache reizte. Vasari vveiss indessen nichts von dieser Anek-
dote, obgleich er den Stich kennt, und auch Malvasia sagt,
er könne die Wahrheit nicht verbiirgen. Desswegen nimmt
man die Suche jetzt allgemein als Fabel. Dass aber zweier-
lei Platten mit dieser Darstellung existirten, ist gewiss. Man
unterscheidet die Abdrücke an einem Tannßnbänmchen, wel-
ches im Grunde rechts, nahe den Plattenrande aus einer
Gruppe von Biiumen emporragt. Daher heisst es nun der
Iiindermord mit dem Bäumchen, welches im Französischen
unter Chicot oder Forgere, im Italienischen unter dem
Ausdrucke: Fel ce, Felcetta oder Al b ero bezeichnet wird.
Eine andere Frage ist die, ob beide Stiche mit und ohne
Bäumchen, von Marc-Anton herruhren, und welchem Künst-
ler die Wiederholung angehöre, wenn Raimondi nur eine
Platte gestochen hat. Malvasia, dessen Felsina pittrice 1673
zu Bologna gedruckt wurde, ist der erste, welcher dem Bai-
mondi beide Platten zuschreibt, und dessen Commenta-
tor theilt dieselbe Meinung, fiigt aber bei, dass die Wie-
derholung noch sorglältiger und zierlicher behandelt sei.
Diess ist nach seiner Ansicht la Strage di Felcetta. Heinecke
tritt der ältern Meinung bei, und Huber schreibt ihr nach,
Ottley hält ebenfalls beide Blätter für Arbeit Marc-Antons
von welchem aber die Darstellung ohne Fichtenbäumchen
erst mehrere Jahre später erschienen seyn dürfte.- Armano
Malaspina, Longhi, Ferrario, Zanetti, Biihlen u. A. erklären
sich ebenfalls dahin. dass Marc-Antonio den liindermord
zweimal gestochen habe, es gehen aber nur wenige auf die
Bestimmung der Priorität ein. Bartsch steht an der Spitze
derjenigen, welche behaupten, dass nur der Massacre au
Chicot von Marc-Anton herrühre, und das Blatt ohne
Bäumchen eine Wiederholung des-Agostino Veneziano sei.
Graf Cicognara (im Giornale delle belle arti, Venedig, 1855
S. 501) theilt dieselbe Meinung und sucht sie durch Griinde
zu rechtfertigen, die besonders auf der Vergleichung des
Styls und des Verdienstes beider Blätter beruhen. Einzeln
steht Zani da, welcher, Bartsch, Frenzel, Zanetti u. A. ent-
gegen, die Darstellung ohne Bäumchen für Originalstich des
Marc-Anton und jene mit demselben für Wiederholung des
Marco di Ravenna erklärt. Zani stützt seine Meinung nur
auf zwei unhaltbare Gründe, nämlich dass man auf dem
Blatte ohne Felcetta das gewöhnlichem aus MAF bestehende
Zeichen finde, und dass die Mehrzahl derCopien ohne
Bäumchen sei.
Fassen wir nun die verschiedenen Meinungen zusammen,
59 ergibt sich vor allen, dass die alten Schriftsteller von
einer zweiten Darstellung das liindermordes gar nichts wis-
Sßn- und dass die Mehrheit der neueren beide Platten als
Yyerh derselben Hand betrachten. Nur wenige, aber sehr
gilUgfr AUSlChten nehmen das Blatt mit dem Bäumchen ein-
zig lur Marc-Antotfs Werk. Es herrscht aber jetzt auch die