Volltext: Poyet, Bernard - Renesse, Daniel (Bd. 12)

Baimondi , 
Marcantouio. 
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gen gefasst machen miissen. Nur im Umrisse sind seine Blätter iin- 
vergleichlich, und die fast durchgängige ausserordentliche Schönheit 
derselben war vielleicht die UrsaChSJ däSS m31! geglaubt hat, Ha- 
fael habe nicht allein die Umrisse auf dein Papier corrigirt, son- 
dern selbe sogar eigenhändig mittels der Nadel auf das Kapier- 
gezeichnet. Zu dieserAnnahme möchte man dann auch noch durch 
den Umstand gekommen seyn, weil sich doch auch manchmal Blätter 
finden, die lDJ.UlIl_t'lSS8 nicht in gleichem Grade verstanden, und 
zierlich sirliad, wie um jtlfeflgßl" Critikei- finden könnte. Doch selbst 
in diesen iittern ist arc-Anton noch ross, hat man einzifr die 
Composition iin Sinne, ohne auf die Mitiiel der_ Darstellung liiiick- 
sicht zu nehmen. Die Schönheit und Anmuth der Form und des 
Ausdruckes, auf das verständigste nach Alter und Geschlecht moti- 
virt, die ausserordentliche Klarheit, die iiber das Ganze verbreitet 
ist, ivirtl stets bezaubern, die Mängel vergessen machen, welche 
das durch d-ie modernere Iiupferstecherkunst verwöhnte Auge in 
diesen Blättern bemerkt. Ini Verwleiche mit den neuern Blsittern 
sind diese Arbeiten eintönig, ungileich und hart im Schnitte, das 
Licht" ist zerstreut, die Halbtinten fehlen, es ist entweder alles 
gleich dunkel oder es sind die dunkelsten Schatten an den Umriss 
gebracht; keine Beachtung_ der Reflexe, der Lnftperspektive, keine 
Verschiedenheit dei-"Liilsaltlnlen. weder Leichtigkeit, noch Weich- 
heit. Die eigentliumliche Schönheit und den vollen Werth der 
Iiunstschöpfuiigen, welche uns die Blätter der Rafaelisch-Marc- 
Antonisclien Sclinle demnach offenbaren, lässt sich indessen nur 
nach den ältesten guten Abclriicken vor der Retouche und vor den 
Adressen eiirtheileii. 
Das erste Blatt, welches er in Rom stach, stellt die Liicretiri 
dar, wie bereits oben bemerkt. Hierauf stach er seine Didu und 
dann unter dein unmittelbaren Eintlusse IlafaePs das Ürtheil des 
Paris, den Iiindermord, den Bau denArche, Neptun, clie Entfiih- 
rung denl-Ielena, die Marter der heiligen Felicitas u. s. w. Diese 
Blätter sind nicht unmittelbar nach  Geiniililen, sondern nach 
Zeichnungen, die Rafael bei der Ausluhruug in Farbe nicht selten 
veränderte und verbesserte. Die Marc-Antoifsclien Bliitter erhielten 
uns also häufig die ersten Entwürfe des grossen Nleisters , die. ne- 
ben dem tiefsten Wissen, das Feuer und die Schnelligkeit seines 
Schaffens verkünden, im Marc-Antonäcliein Stiche aber in ihrer 
Reinheit der Umrisse die verbessernde Hand RataePs verratheii. 
Diese Aushiilfe, deren sich Marc-Anton zu erfreuen hatte, hat die 
    
e , we c ie i in 
Rafael bezahlt hatte, den Namen oder das Muriogramm des Ste- 
ch '_rs nicht tragen. Dem sei, wie ihm wolle; Baimondi hat sicher 
8116i" auf eigene Rechnung gearbeitet. 
So lange Rafael lebte, hatte Fiir Marcantonio Alles den glücklich- 
Sfßn Fortgang, nach dem 1520 erfolgten Tod desselben veränderte 
sich aber seine Lage und die bescheidene Ruhe, Welche ü: gßflüsscn, 
Wflfdß getrübt. Der sinnlich glühende Giulio Romano rief ihn aus 
seinem streng religiösen Iireise und heredete ihn zuletzt zum Sti- 
che von zwanzig leichtfertigen Darstellungen, die 6111110 gezeichnet 
und Pietro Aretiiio besungcn hatte. Diese Blätter mussten den Un- 
willen des Pabstes im höchsten Grade erregen, und damit die Verbrei- 
hing dßfsßllßen gehindert würde, liess er die Platten durch lrleiikers 
Hand. zcrstorei-i. Giulio Pippi entkam glücklich nach Mantua, der 
ungluckllßhß Rfiimondi musste aber im Gefängniss biissen, bis er 
Endlich auf dringendes Fürbitten des Gardinals Ipnlitq de' Medici 
Anglern Kunstler-Lex. Bd. XII. 14
	        
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