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Polycletus.
Ein Meisterwerk Polyclefs, Jiochberühmt im Alterthume, war
die colo-ssale Juno von Gold und Elfenbein zu Argus, welche
.Strabo sogar über die Minerva des Pliidias setzt. jenes Werk,
von welchem Plinius sagt, dass hierin die von Phidias angefan-
gene Toreutili vollendet sei. Phidias lebte damals nicht mehr,
da der Tempel Ol. 80. 2 abbrannte, und das Bild nicht vor Ol. 90
gefertiget werden konnte. Die Göttin, wahrscheinlich im Chiton
und mit zurücltgeschlagenem Schleier, war auf dem Throne sitzend
vorgestellt mit der Iirone auf dem Ilaupte, die mit den Grazien
und Huren geziert war. In der einen Hand hielt sie einen Gra-
natapfel, und in der anderen das Scepter, svorauf ein liulauk
sass, wie alles dieses Fausanias benachrichtet. Diese argivische
Hera wvard vermuthlich Vorbild für mehrere andere Statuen dieser
Göttin in Heiligthiimern Griechenlands. Sie war das dem Zeus
entsprechende weibliche Wesen, die Frau des Himmelsgottes, von
unvergänglicher Bliithe und Reife der Schönheit, ehrfurchtgebie-
"tend, mit gerundeten und olienen Augen, "Ilpr; ßoaixtc. Der Iiopf
derselben istauf späteren lYIiinzen von Argus abgebildet. S. IYIil-
lingen Anc. Coins p]. 4. 19, Cadalvene llecueil pl. 5. 1, und die
alexandrinischen Münzen von Nero mit der HPA APFEIA, Eck.
hel D. N. IV. p. 53. Er ist mit demselben breiten Stephanos (die
rings herum gleich breite ßrone)' geschmückt, wie die in iilterm
Styl dargestellte Hera Olympia auf den Münzen von Elis, die La-
liinische auf Münzen von Pandosia und Iiroton, und die Platiii-
sehe. In der Villa Lyudovisi ist ein colossaler Iiopf, dem die Po-
lycletische Hera zu Grunde liegen dürfte. Abb. s. Winclselmann
IV. Taf. 7, Meyer Taf. 20, Hirt 2. 5. Aehnlielt ist die Büste in
Versailles, Mus. Nap. I. pl. 5. Zwei schöne Büsten sind in Nea-
pel, Mus. Borb. V. g. In strengerer Weise ist der Colossalliopf
in Florenz. VVincl-telmann IV. 536.
Polyclet fertigte auch einen Merkur, der in Lysirnachia zu se-
hen war, und einen Hercules, der mit der llcehten zu den XValfen
greift, zur Zeit des Plinius in Rom. Dann wagte er sich auch an
die Darstellung des Zeus, als Beschützer der Freundschaft (fniÄtm),
der ganzden Charakter des Dionysos an sich trug, aber mit dem
Adler auf dem Thyrsos. Dieser Jupiter Philius war zur Zeit des
Pansanias in Magalopolis. AlsNVerke des älteren Polyclet c-rliliirt
Sillig auch noch die Marmorstatue des Jupiter Mcliehius, welche
wir nach Hirt im Artikel des jüngern nannten, dann die max-mor-
nen Bilder des Apollo, der Latona und der Diana, von denen
das eine zu Argus, das andere in dessen Nähe sich befand.
Plinius zählt seinen Pülycletus auch unter die Maler, es ist aber.
von seinen Gemälden nichts weiter bekannt.
Polykleitos war ferner auch Architekt. Er baute um Ol. 90 das
Theater zu EpidauruS, im Schönheit und Ebenmaass das erste, wel-
ches Pausanias mit Bewunderung nennt. Dieses Theater ist noch
beinahe ganz erhalten: Man findet an der Strasse von Nauplia
nach Epidaures die Trumnier einer Stadt, wo die Burg auf cyclo-
pischen Mauern sich erhob , und das Heiligthum des Aeseulap mit
seinen weitläufigen Anlagen im Hintergrunde. Im Gebüsche hat
sich das erwähnte Theater erhalten.
Der jüngere Polylsleitos von Argus, der Schüler des Naucydes,
blühte um Ol. 95 101. Die entscheidende Stelle über diesen
zweiten Polyclet von Argus gibt Pausanias, wo, er ihn als den Ver-
fertiger der Statue des Agenor von Thehen, der den Sieg im Bin-
gen unter den Knaben davon trug, bezeichnet und beitugt, dass
wliese nicht von jenem Argiver Polyclet herrühre, der _die Statue