Volltext: Passe, Simon de - Powle, G. (Bd. 11)

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Pippi 1 
Giulio. 
fael; denn Vanari sagt: "Nachdem er von seinem Lehrer die schwei 
sten Gegenstände in der Malerei gelernt, gelang es ihm bald auc 
Gebäude perspektivisch darzustellei: , sie auszuxnessen und di 
Grundrisse davon zu entwerfen. Oefter liess Rafael seine Skizze 
durch ihn im Grossen ausführen, und dadurch gewann Giulio a 
dieser Arbeit nach und nach Geschmack, wurde geschickt, und ge 
langte endlich dahin, ein vortreüilicher Architekt zu werden." D 
nun auf solche Weise Meister und Schüler an Einem Werke zu 
gleich thätig waren, so konnte es leicht kommen, dass dasselb 
Werk beiden zugleich zugeschrieben wurde. Dies ist unter ande 
rem mit der onmuthigen Villa Madama der Fall, die fiir den Ca: 
diual Julius von lVledicis erbaut wurde. Vasari schreibt dem Giu 
lio nur die Leitung des Baues zu, was aber die Decoration be 
trifft, hat Pippi den grössten Antheil. Schade nur, dass diese 
prächtige Gebäude gegenwärtig in schlechtem Zustande sich bciin 
det. eine Art moderner Antiquitäten geworden ist. Allein trot 
seines Verfalls wird das anmuthige Casino, welches Rafael und (E 
Romano errichteten, noch immer bewundert. Die Facade stellt ei 
neu grossen durch Nischen und Fenster getheilten und- mit eine 
jonischen Säulenordnung gezierten Halbkreis in Form eines Thea 
ters dan, Von da _elangt man in das Vorhaus, welches zu eine 
schönen offenen Galllerie führt, die Vasari Loggia bellissima nennt 
In die Gewölbe derselben malte Julius jene herrlichen Compositio 
neu, welche Gottheiten aus der Fabelwelt darstellen, aber den Un 
tergang drohen. Die Villa Madama enthält neben den Logen dGl 
Vatikans Alles, was man von Decoration Classisches sehen kann 
Giulio schmückte es mit Gio. da Udine auch mit Arabesken um 
Stuccaturen, in demselben Geschmacke, wie die Logen des Vati 
Raus. Auch der Pallast Cicciaporci, ehemals Alberini, in der Viz 
de Banchi, wurde von einigen dem Rafael, von anderen dem Giu. 
lio beigelegt". Fast von gleicher Eleganz ist auch der kleine Pal. 
last Genci (alla Dogana) auf Piazza di S. Eustachio, beide abgebil- 
det in Ferrcrids Sammlung von römischen Pallästexi No. 5T; und 40. 
Für Baltassaro Turini von Pescia baute Pi pi ein Casino, jetzt un- 
ter dem Namen- der Villa Lante bekannt, {larin sind einige Wand- 
malereien von Giulio und seinen Schülern. In einem Zimmer sieht 
man vier Brustbilder, angeblich die Bildnisse der_verscbiedenen 
Geliebten PippPs.  
Diese Bauten leitete den Künstler wahrscheinlich in den, nächsten 
Jahren nach IiaiaePs Tod. Er galt damals als der vurziiglichste 
italienische Künstler, der berufen war. nach dem Absterben des 
Meisters den Glanz seiner Schule aufrecht zu erhalten. Er hat 
dazu auch volle Gelegenheit bekommen, denn was die Päbste Ju- 
lius H. und Leo X. dem Rafael Sanziü Waren. das war ihm Fried- 
rich Gonzaga von Mantuay nicht hlos, weil er diese Stadt mit 
vielen treßlichen Werken geziert hat, Sondern weil er sich hier 
im Sinne des urspriinglltfhen grossen Stifters eine Schule begrün- 
det, die höchsten und wtirdevollsten Aufgaben der Kunst in elas- 
sischem und universellem Geiste zu bearbeiten fortgefahren. Ra- 
faePs Geist hat sich indeSSßn nicht ausschliesslich rein und unver- 
mischt in dieser Schule erhalten; sie ist nur in Form und Behand- 
lung äener BafaePs verwandt. Aber dennoch war Giulio's Erfolg 
ein gänzender, da er auch in Mantua mit philosophisch-poeti- 
scher Begeisterung das seinem Naturell am meisten zusagende Ge- 
biet der Mythe des Alterthums auf eine Weise bearbeitete, dass 
diese Kunst dem Publikum egeniiber die wiirdevollste Stelle ein- 
nimmt, da die Iiraft seines äeistes auch die Architektur und das 
Ornament durchdrang, und alle künstlerischen Thiitigkeiten weckte-
	        
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