Pigalle ,
Jean
Baptist.
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willkommen. Bilder der ernsthaften Gattung werden sich wenige
von ihm finden. An die Gemälde reihen sich zahlreiche Steinzeich-
nungen, welche Volksscenen und Carrikaturen enthalten. G. Pre-
vost stach zwei seiner besten Bilder in Mezzotinto: Le bon m45-
nage, und le inauvais uuinage.
Pigalle, Jean BaptlSC. Bildhauer, geboren zu Paris 1721, s-
sterben daselbst 1785. Dieser viel geriihmte und viel getadtäte
Künstler war der Sohn eines Tischlers, und schon als Knabe von
acht Jahren Schüler des Bildhauer Lorrain, ohne vorherrschende
Anlage zur Iiunst zu verrathen. Er lernte nicht Zeichnen, nur
im Modelliren machte er sich mit Anstrengung in einiger Hinsicht
bemerltlich, und obwohl ei- auf diese Weise für die Zukunft we-
nig? verrieth, so wollte er doch nicht ablassen. und durchaus ein
Bi dhauer werden. Im zwanzigsten Jahre, damals als Schüler Le
Moine's, wagte er es, um den grossen Preis der Akademie zu con-
curriren, aber die Hoffnung täuschte ihn. Mit leerer Tasche und
beschämt, ergriff er jetzt den Wanderstab, und traf in Rom zu
seinem Gliiche den jüngeren Coustou, der den standhalten Jünger
auf das grossmiithigste unterstützte. Hier führte Pigalle drei Jahre
das angestrengteste Leben, indem er täglich 18 Stunden arbeitete,
und so hatte er endlich durch Fleiss ersetzt, was ihm die Natur
an Talent entzogen hatte. Seine Mitwelt staunte ihn an, denn
sie besass so wenig echten liunstsinn, als Pigalle, welcher das
wahrhaft Schöne und Edle der alten Kunst nicht begriffen hatte.
Von Rom aus begab er sich nach Lyon, und fertigte da das Mo-
dell zu seiner Statue des Merkur, welcher in der Folge den Ruhm
des Künstlers weithin verkündet hatte. Le Moine selbst sagte da-
von, er wünsche ihn gebildet zu haben, noch weiter aber trieb es
ein reiscndei- Iiunstschmecker, welcher vor dieser Statue mit Be-
geisterung ausi-ief: Niemals haben die Alten etwas Schöneres her-
vorgebracht! Pigalle, der dieses Urtheil gehört hatte, näherte sich,
ohne dass man ihn kannte, und fragte den Fremden, ob er denn
auch die Bildsäulen des Alterthums studirt hätte? Statt der Ant-
wort fragte dieser nur, ob Pigalle die Vortrefflichkeil: dieser Statue
studirt habe. Dieser Merkur öffnete dem Künstler die Pforte
der Akademie in Paris, Pigalle musste aber noch lange wie ums
Brod arbeiten. Durch eine Madonna fiir die Invalidenkirche lernte
ihn der Minister d'Argenson kennen, und dieser trug ihm auf,
die Statue Ludwig XV. zu meisseln. Jetzt richtete die Frau von
Pompadour ihr Augenmerk auf ihn, und von 111m an halten die
Sorgen ein Ende. Er fertigte die Bildsäule derselben. dann die
Statue des Gottes der Verschwiegenheit, und eine Gruppe. Welche
Liebe und Freundschaft vorstellte. Hierauf befahl ihm der König,
seinen Merkur im Grossen auszuführen, und als Pendant eine Ve-
nus, beide als Geschenk an Friedrich II. nach Berlin geschieht.
Diese Werke fanden an Voltaire einen warmen Isobredner; XVin-
ckelmann, in seiner Abhandlung von der Grazie in der Kunst,
sagt aber von der Venus, dass sie in einer Empfindung sei, in
welcher ihr das Wasser au; dem Munde, welcher nach Luft zu
schna pen scheint, laufen will. Sollte man glauben, fährt dann
Winciielmann fort, dass ein solcher Mensch in Rom einige Jahre
unterhalten gewesen. um das Alterthuni nachzuahmen! Auch auf
Jenen oben ßrwälllllen reisenden Russen kommt Winckelmann in
einer andern Stelle wieder zurück, und drückt seine Bewunderung
aus, wie dieser sagen konnte, dass er den Apollo, den Laokoon,
den farneeischßll Hßfhlllßs für nichts achte {iegen den Merkur von
Pigalle. Letzterer hatte indessen durchaus eine so hohe Meinung