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Peruzzi ,
I
Baltasar.
Diese Decorationen erregten damals den höchsten Enthusiasmus,
und obgleich sie die ersten sind, so wurden sie dennoch auch für
spätere Zeit das Muster und die Vorschrift aller derjenigen, wel-
che gemalt wurden. Die Bewunderung und Imbeserhebung mag
freilich etwas übertrieben seyn wir können uns durch den
Augenschein nicht mehr überzeugen immerhin aber ist diess
ein Beweiss, dass Peruzzi auf einer hohen Stufe des Wissens
stand. Zu einem so plötzlich schlagenden Resultate konnte nur
ein Mann gelangen, dem alle Hiilfsmittel seiner Iiunst zu Gebote
standen. Er musste das griindlichste Studium der Theorie und Pra-
xis, und der Perspektive gepflogen haben, und bei seiner bekannten
Vorziiglichlieit in de! Arehitekturmalerei bedurfte es nur einer An-
regung, um ein vollkommener Decorationsmaler zu werden. Von
seiner Meisterschaft in der Perspektive zeugen alle Alten, und
Lanzi und Milizzia rissen alle Neuern zum Lobe hin.
Peruzzi's Bilder in Oel sind von grosser Seltenheit. Lanzi
wusste nur ein einziges Altargemiilde anzugeben, eine Madonna
zwischen dem Täufer und dem heil. Hieronymus in halber Figur,
zu TOITG Balbiana, 18 Miglien von Siena. Auch seine Staffeleige-
mälde sind Seltenheiten. Eine Darstellung der drei Könige kommt
in mehreren Gallerien vor, allein nur als Copie. Peruzzi selbst
fiihrtc das Bild nur Farbe in Farbe aus, und Girolaruo da Trcvigi
hat es nachmals colorirt. Doch ging das Werk später auf der See
Zu Grunde.
In dem Pallaste Ranucci zu Florenz sieht man von ihm die An-
betung der Weisen, wo man 59 Köpfe zählt. Noch geräusch-
voller ist aber jenes Gemälde mit der Geburt Christi, welche A.
Carracci 1579 gestochen hat, wovon das Urbild sich im Pallast Penti-
voglio zu Bologna befand.
In der Bridgewater Gallerie ist von ihm die "Anbetung der liii-
nige aus der Galleric Orleans, im Schulgeschmacke llataePs mit
PeruzzYs bekannten bizarren Zusätzen von Turbanen und anderen
wunderlichen Trachten, seinem übertrieben glühenden Farbenton
und etwas gleichgültigen Köpfen. Vgl. Waagen U. 520.
Graf Pembrocke zu Wiltonhouse besitzt ein hübsches Bildchen
der Geburt der Maria, welches aber Waagen für Garofalo. hal-
ten möchte. l
In der kaiserlichen Eremitage zu St._Petersburg ist ein bewun-
(lerungswiirdiges Meisterstijcls der firchitelsturzeichnung in einem
grosseu Gemälde. Diess stellt zwar. Reihen grosser Palläste dar,
mit genauer Beobachtung der Verlialtnlsse und sorgfältig verziert
mit Basreliefs. Den Hintergrund bildet ein Säulengang. Am Him-
mel erscheint die heil. Jungfrau mit dem Iiinde, auf welche die
verschiedenen Menschengruppen an "den _Gebäurlen staunend ihre
Blicke richten. General Churchil _uberliess das Bild dem Lord
Oxford, dann kam es in die Gallßfle Zll HOugton-Hall als G-iulia
Romano, und aus jener Sammlung nach St. Petersburg.
Noch berühmter ist Peruzzi als Architekt, im Allgemeinen einer
der vorziiglichsten unter den Neueren. Seine Werke gehören zu
den schönsten Denkmälern der Architektur, und was Anmnth und
Zierlichkeit der Form betrifft, stehen sie vielen anderen berühm-
ten Erzeu nissen dieser Art voran. Die Musse und die Hiilfsmit-
tel, sich fiesen: Studium zu widmen, verdankte Peruzzi vornehm-