Volltext: Müller, Jan. [vielm. Jens Peter] - Passe, Wilhelm de (Bd. 10)

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Murillo , 
Don 
Bartolomc 
Estävan. 
tnrwahrhcit in dieser Figur, und zugleich eine feine, individuali- 
sirende Beobachtung des miinchischen Charakters, eine Anmuth 
in dem Ausdruck schwärmerischer Devotion, die das Interesse des 
Beschauers im höchsten Maasse fesselt. Das Christuskind ist mit 
ungemein zarter Färbung gemalt. Das Phantastische, Visionäre 
in den Wolken und in der Landschaft, in welche man unter die- 
sen hinausblickt, ist von einer nicht minder frappanten Wirkung. 
Nur die Engelknaben, die auf den Wolken schweben, scheinen, 
wenn auch mit Absicht, so doch in allzuhohem Grade vernach- 
liissiget.  Nicht minder vorzüglich ist das zweite Gemälde Muril- 
in's, das Brustbild eines Cardinals, der behaglich in einem präch- 
tigen Lehnstuhle sitzt, indem er die Arme auf den beiden Lehnen 
ausruhen liisst. Die sprechende Lebendigkeit des Kopfes, die fei- 
nen, zierlich geformten Hiinde, der blühende, warme Ton in der 
Färbung des Nackten, die meisterliche Freiheit der Ausführung; 
machen diess Portrait zu einem der anziehendsten Bildnisse der 
Berliner Gallerie. Auch ist der Besitz desselben um so werthvol- 
ler, als überhaupt von Murillo nicht häufig Portraitbilder gemalt 
worden sind. 
Bückcburg, in der fürstl. Gallerie: St. Franz in Entzückung, 
oben erwähnt. ' 
Cadix. In der Capuzinerkirche das grosse Hochaltarblatt mit 
der Vermählung der heil. Catharina, oben im Contexte schon er- 
wähnt. F. Meneses Osoris, Murillcfs Schiiler, vollendete nach 
des Meisters Tod dieses Gemälde. Uebcr der Thiire der Sakristci 
ist ein Ecce homo. 
Dresden. In der Gallerie eine sitzende Madonna mit dem 
liinde, in Lcbensgrösse. 
In England findet man ebenfalls mehrere Werke von Murillo, 
deren Dr. Waagen (Iiunst und Künstler etc.) folgende bcurtheilt. 
 Auf der Ausstellung der British- Institution von 1856 sah Dr. 
Waagen das treffliche Bild des heil. Thomas von VillOUUOWIB, wel- 
cher den Presshaften und Armen Almosen austheilt, ehedem in der 
Franziskanerkirche zu Genua. Es gehört der zweiten Epoche des 
Meisters an, in welcher er nach seiner lliiclßlsehr von Madrid 
noch im frischen Andenken der Bilder des Velusquez grosse Natur- 
wahrheit in der Auffassung und Bestimmtheit der einzelnen Formen 
zeigte. Der Gegenstand, sagt Dr. Waagen, war {in Murillo be- 
sonders glücklich. In dem Kopfe des Heiligen, in welchem geist- 
liche Wurde und Strenge vortrefflich ausgedrückt sind, hat er he- 
wiesen, wie sehr er solchen kirchlichen Aulgahen aus den Legen- 
den möilchischerlleiligen gewachsen war. Die Iiriiiapel und [iran- 
ken gewährten ihm dagegen ein reiches Feld, seine Meisterschaft 
in Darstellung aus dem gemeinen Leben geltend zu machen, und 
das ruhige, geistige Walten des Heiligen bildet mit der lebhaften 
Aufregung der Nothleidenden einen ergreifenden Gegensatz. 
In der Gexnäldegallerie zu Stalfordhotlse ist eine Maria mit dem 
Kinde und dem heil. Joseph, nach Waagen ein fleissigeg, aber 
sonst mässiges Bild. Ein Zweites kleines Gemälde stellt St. Franz 
dar, wie er das Jesuskind herzt, in hellem, delikatem Goldton. 
In neuester Zeit wurden zwei Bilder aus der Sammlung des Mar- 
schall Soult angekauft. Der verlorne Sohn gehört zu den schön- 
sten Leistungen des Meisters im saftigen, tiefen Helldunkel; das 
zweite: Abraham mit den drei Engeln, ist gering in den Charak- 
tcren. 
In der Sammlung des Lord Ashburton ist ein Bild aus Sevilla, 
welches ehedem General Sebastian! besass, ohngetiiltr 10 F. hoch
	        
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