Volltext: Müller, Jan. [vielm. Jens Peter] - Passe, Wilhelm de (Bd. 10)

Leitung die Malerei zu erlernen. Iioster malte nur Vögel und 
todtes Wild, Netschcr aber war damit bald nicht mehr zufrieden. 
Er sehnte sich_ nach etwas Höherem, und so begab er sich nach 
Deventer zu G. Terburg. Hier erlangte er" grnsse Geschicklichkeit, 
so dass er in halben Figuren fast den fVIeistc-r übertraf) Er soll sich 
auch bei G. Dow umgesehen haben, und um Alles zu versuchen, 
entschloss er sich zu der Reise nach llom; allein in Bordeaux: 
vermählte er sich mit einem hiihscheti Miidchett, und nie mehr sah 
er Rom. Netscher licss sich im Haag nieder, wo" seine Cabinets- 
Stücke ihm griissererx Beifall als Lohn brachten. Mittlerweile ver- 
mehrte sich aber seine Familie, und so sah sich der Iiiinstlcr ge- 
nöthiget, griisstentheils Bildnisse zu malen. Doch auch diese ge- 
währen meistens den Eindruck von Genrebildern, da er Episoden 
anbrachte, und Alles auf das wohlgeiiilligste arrangirte. In seiner 
früheren Zeit malte er auch historische Darstellungen, gerne aus 
der römischen Geschichte, oder mythologische Bilder; seine Ca- 
binetsstücke sind aber nicht in grosser Anzahl vorhanden, und 
jetzt meistens in ständigen Gallerien aufbewahrt. Die meisten sei- 
ner Bilder malte er im Haag, man könnte aber glauben. er sei 
auch in England gewesen. Walpole nennt nämlich die Bildnisse 
des Königs XVilhelm und der Iiünigin Maria, welche Netscher 
kurz vor der Revolution gemalt haben soll. Beide Bilder waren 
in der Sammlung des Herzogs von Portland. Vertue (Walpulc 
p. 518) beschreibt von ihm fiinf sehr bewunderte Sccnen auf Einer 
Tafel von 1676. Man sieht darauf eine Lady mit dem Hunde, 
eine zweite Lady, den Lord Berkeley von Stratton, dessen Ge- 
mahlin und einen seiner' Diener. In den letzteren Jahren seines 
Lebens war Netscher sicher wieder im Haag, wo er endlich vom 
Poclagra und von Steinschmerzen übel zugerichtct 1684 starb. 
Netscher malte gleich Terbnrg meist Vorgänge aus dem Leben 
der höheren Stände, und gibt ihm in meisterlicher Darstellung 
von seidenen Stoffen, in Feinheit des Vortrages, und in Iiennt- 
niss des Helldunkels nichts nach. Seine friihercn Bilder sind mit 
starkem Impasto in einem Guldton, seine späteren, im Gefühle 
kälteren, in einem feinen Silberton gemalt. So urtheilt Waagen, 
Kunst und Iiiinstler etc. III. 597, von den YVerhcn dieses Künst- 
lers.- Iiugler, Gesch. der Malerei II. 210, sagt, in vornehmeren 
Sceuen, und insbesondere in Darstellungen, welche ihrem Gegen- 
stande nach der Historienmalerei angehören, fehle es diesem Iiiinsts 
ler an der unbefangenen, naiven AulTassung, und er erscheine 
nicht selten manierirt; dagegen habe er in Bildern, welche die 
einfachere Darstellungsweise des G. Dow_ befolgen, lsehr Treflliches 
und Anziehendes geleistet. Esgibt auch mehrere frtitiere Schriften, 
welche sich Urtheile über Nctscher erlauben, sie gehen aber fast 
alle nur auf das Technische ein, und beschränken sich im Uebri- 
gen auf allgemeine Lobeserhebungen- 
In der k. Gallerie zu Dresden sind mehrere Bilder von Net- 
scher, und darunter xiiirfte die Kranke mit dem Doctor Vielleicht 
das Meisterstiiclt seyn. Dann sieht man da eine Dame mit dem 
Notenblatte im Fenster, deren Gesang ein Herr mit der Gnitarre 
begleitet, angeblich Netscher und seine Frau. Ein anderes Bild  
stellt eine Dame an der Toilette dar, welcher ein Knabe das Früh- 
stück bringt; auf zwei anderen Gemälden sieht man eine niihende 
Fr?" Qlld eine spinnende Bäuerin; ein drittes stellt eine Clavier- 
SPWICP"! Vßr- Dann ist in Dresden auch ein Bildniss der Frau v; 
lNlontesyan. '
	        
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