Volltext: Müller, Jan. [vielm. Jens Peter] - Passe, Wilhelm de (Bd. 10)

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Naher , 
Bernhard. 
unter Leitung des P. von Cornelius einige Compositionen aus,_ 
welche ungewöhnliches Talent verriethen, und um dieses zur vol- 
len Reife zu bringen, verlieh ihln dann der König von Würtem- 
berg ein Beisestipcnciium. Nehcr blieb vier Jahre in Rom, und 
führte da etliche Gemälde aus, von welchen jenes mit der Erwe- 
ckung des Jünglinge. von Naim das grüsste ist. Es wurde der 
königl. wurtembergischen Kunstsammlung einverleibt, die andern 
aber gingen in verschiedenen Besitz über. Im Jahre 1850 kaufte 
der wiirtenibergische Kunstverein ein der Vaterländischen Geschichte 
entnommenesBild an: Ulrich's Tod in der Schlacht bei Düffingexi, 
mit halb lebensgrossen Figuren, und genau beschrieben im Iiunst- 
blatte des erwähnten Jahres. Welchem Kenner deutscher Poesie, 
heisst es N0. 99, stünde nicht bei dieser Schilderung das Gedicht 
von Uhland vor der Seele? Und wer den tieferen Zusammenhang 
dieser Geschichte von Ulriclfs Hcldentude kennt, Wer von dem 
früheren Hass des alten Eberhard gegen den als Feigling verachte- 
ten Sohn und von dem Eifer des Sohnes, durch Iiriegsehre des 
Vaters Liebe wieder zu erkaufen, weiss, der wird in der Bata- 
strophe des Verhältnisses, welche das Bild von Neher uns verge- 
genwärtiget, in dem Sieg und Tode des jungen Grafen, in der 
Durchdringung von Freude, "Beschiimung, Schmerz und Jammer 
in dem alten Ilcldenherzen des Greincrs die hdhe tragische Bedeu- 
tung nicht verkennen. Diesen tragischen Ernst hat auch der Künst- 
ler seinem YVerl-ieaufgedrüclst. und der Referent findet cliess nicht 
blos überhaupt in seiner Anscliliesstxng an die Einfalt und Würde 
der altdetitschen Schule, sondern vorzüglich in dem Charaktervol- 
len seiner Köpfe. Eine schöne jugendliche Gestalt ist der ausge- 
streckte Leichnam des gefallenen Ulrich, kräftig und edel sind die 
Bitter und Krieger, lieblich und rührend die" Eclellmaben und die 
vom Schmerze gebeugten Diener. Man liest in allen Gesichtern 
und in jedem" auf eigenthümliche Weise den gemeinsamen Iium- 
mer. Und das allcs ist mit der Scirgfalt eines Schülers von van 
Eyck ausgeführt und das Colorit der Köpfe, die Färbung der Cu- 
stiime in einer frischen kräftigen Wahrheit gehalten. In Betreff 
der Anordnung des Bildes äusserte man d'en Wunsch, dass das 
symmetrische Verhiiltniss nicht sogar ängstlich wiire beubachtet 
worden. Die Gestalten fand man zwar nicht ohne Mannigfaltig- 
keit und Abwechslung. im Ganzen aber allzuviele Paralelllinien 
und zu gleichmässige Classiiicirung, als dass die Composition in 
dieser Hinsicht genügend seyn könnte. Auch ist Einzelnes durch 
die Annäherung an den altdeutschen Malerstyl zu steif geworden, 
und die Malerei des Landschaftlichen steht in sehr ungleichem 
Verhältnisse zu der der Figuren und überhaupt des Vordergrundes. 
Indessen ist zu bemerken, dass dies das Werk eines einundzwan- 
zigjiihrigenKünstle-rs ist, der nach Idee_und Darstellung so Be- 
deutendes geleistet hat, dass man das Kleine, was noch der Durch. 
bildung und Berichtigung bedarf, ehrlich rugen darf. Wir fügen 
hier diese Critik zugleich auch an, um die Richtung zu bezeich- 
nen. welche der liünstle-r in seiner früheren Zeit eingeschlagen 
hatte; in seinen späterenWerken herrscht eine frciere Bewegung, 
und diese genügen auch in Bezug auf die Anordnung den Anfor- 
derungen der höheren Iiunst. 
Nach seiner Rückkehr aus Italien" wandte sich Neher wieder nach 
München, wo schont damals König Ludwig bereits Grosses ge- 
schaffen hatte. Auch das Isarthor erlitt durch Oberbaurath v. Gärtner 
eine Umgestaltung im mittelalterlichen Style, und zur historisch- 
wiirdigen Ausschmückung desselben galt es, den langen Fries über
	        
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