Memmi ,
LipPC"
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und dann malte er ein Temperabild des heil. Augustin in St. Ge-
migiiano, wodurch er einen so grossen Namen erlangte, dass er
dem Bischofe Guido Tarlati in Bild mit drei halben Figuren nach
Arezzo schicken musste, welches dieser in der Capelle seines Pal-
lastes aufstellte. Dieses Bild, so wie viele andere von Lippo nach
"Vasari hier genannte, ist nicht mehr vorhanden. Auch die gew
nannte, dem heil. Gregor geweihte Capelle ist eingegangen. Ein
anderes Bild in Tempera, welches Lippe nach Simon's Zeichnung
ausführte, wurde am Hauptaltare des heil. Franz zu Pistoja auf-
gestellt, 3a man es für sehr schön hielt.
Alle diese Bilder entstanden bis zu dem 1544 erfolgten Tod Si-
mone's, und jetzt vollendete Lippe dessen unvollendet hinterlas-
sene Bilder. Darunter nennt Vasari eine Passion in Aneona, über
dem Hauptaltare von St. Nicola, bei deren Ausführung L. Meinrni
eine andere Leidensgesehichte naehahmte, welche Simon im (lapi-
tel von St. Spirito zu Florenz völlig fertig gemalt hatte. Vasari
lobt dieses Bild, aber es ist jetzt nicht mehr vorhanden, so wie
die schönen Figuren in der unteren Kirche zu Assisi, die von Si-
mone angefangen wurden. Auch die kleinen Bilder und das Cru-
cifix, welches Simon im grösseren Befeetoriurn des Klosters nur
angelegt hatte, sind nicht mehr zu sehen. Der Künstler hatte sie
nur mit dem Pinsel und mit rother Farbe auf die Mauer gezeich-
net, ein Verfahren, welches den alten Meistern den Carton ersetzte.
Vasari sah diese Conturen noch, und zählt sie unter den Werken
auf, die Lippe vollendet haben sollte. Nach seiner Angabe lebte
Lippe noch 12 Jahre nach dem Tode Simons, und so muss er
nach Vasari's Ansicht im Jahre 1357 gestorben seyn. Vasari sagt
ferner, der Künstler habe noch viele Bilder ausgeführt, und weil
die Manier dieser beiden Brüder (Verwandten) sehr ähnlich ist,
fährt Vasari fort, so schrieb Simon unten an seine Werke: Simo-
nis Memmi Senensis opus, und Lippo liess den Vornamen weg,
und setzte nur: Opus lllemmi de Senis me feeit. Die erstere die-
ser Insehriften findet man nach Rumohr (ital. Forsch. II. 95) nir-
gends auf Gemiilrlen Simon's, und die letztere bedeutet ein Werk
des Memmo, Lippo's Vater. '
In Orvieto malte Lippe ein grosses Altarblatt, welches die schü-
tzende Madonna (Madonna de' Iiaccomandati) vorstellt. Sie brei-
tet ihren Mantel über viele vor ihr Kniende aus. Am unteren
Ilande steht: Lippus de Sena nat. nos pincx. amena. Dieses Ge-
mälde ist blühend und angenehm. So viel von Werken MemmPs
in Italien.
Wenn die Gemälde dieses Künstlers schon im Vaterlande sehr
selten geworden sind, so muss die Seltenheit im Auslande nicht
geringer seyn, obgleich es sich oft fügt, dass die Heiinath solcher
VVerlie entblüsst, und fremde Gallerien damit geschmückt werden.
Im liönigl. Museum zu Berlin wird ihm ein Gemälde mit vier See-
nen aus der Passion zugeschrieben , eine Annahme, die nach Dr.
Iiugler (Besch. des ltünigl. Museums S. 16) wenig begründet seyn
dürfte. Dagegen beschreibt Kugler daselbst ein sicheres Gemälde
des Künstlers, im Besitze des Hofraths Förster zu Berlin. Es ist
dieses seiner Seltenheit wegen ein sehr wichtiger Beleg für die
Kunstgeschichte, und das Bild lehrt zugleich die ganze eigenthiim-
liche Schönheit der sienesischen Schule jener Zeit. Es ist ein klei-
ner Hausaltar mit der alten Unterschrift: Lippus Menimi de Senis,
und enthält die Halbfigur einer Madonna mit dem Kinde- Die
Auffassung ist sehr eigenthümlieh und aus dem innigsten, zartesten