Franz
incr ;
Hubert,
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G-rosshcrzog Ludwig I. von Hessen als Gallcrieinspektornach Darm-
stadt, um die Aufsicht und Einrichtung der grussherzoglichen Gal-
lerie zu übernehmen. Müller rechtfertigte das Vertrauen seines
kiinstlichenden Fürsten in hohem Grade, und neben dem, dass er
mit Szichkenntniss einen Catalog anfertigte, restaurirte und reinigte
er auch mehrere klassische Gemälde meisterhaft. Zugleich gründete
er eine Zeichcnschule, die bald zahlreich besucht wurde. 1m Jahre
1819 wurde ihm auch der Zeichnungsunterricht am Gymnasium
übertragen; und 1825 ertheilte ihm der Grossherzog als Anerken-
nung seiner Verdienste dennCharakter eines Gallerie-Directors. Bei
Herausgabe seines Werkes uber die St. Catliarinenkirchc in Oppen-
heim creirte ihn 1824 die philosophische Facultiit zum Doctor.
Früher hatte Müller sich vorzugsweise mit Portraitenmalen be-
schiittiget; das Studium der mittelalterlichen liunst überhaupt und
namentlich" der Architektur, welches er während seines Aufenthal-
tes in Darmstadt init dem glänzendsten Erfolge betrieb, gab ihm
eine andere Richtung; er malte weniger und nur vorzugsweise hi-
storisclie Bilder, in welchen das ideale Streben, welches die alte
Kunst in ihm erregt hatte, nicht zu verkennen ist. Das grösste sei-
ner Bilder ist eine Dreifaltigkeit, welche er für die Kirche zu Abr-
vvciler malte, wo sein Vater geboren wurde, und wo er selbst
während der Schulferien die glücklichsten Üfage verlebte. Zwei an-
dere Altarbildcr von seiner Hand, St. Paulus und lYIaria, zieren die
katholische liirche zu Olienbach. Dann beseelte ihn das eifrigste
Streben, durch Unterricht zu nützen. Er war ein Anhänger der
Schmidßchen Zeichnungsniethode. ohne desswegen alles gut zu
heissen, was von Schinid kam, und darin lag die Quelle mancher
Unannehmlichkeiten, die ihm seine Gegner bereiteten. Zur wei-
teren Verbreitung seiner Ansichten, und in der Hoffnung, dieser
Methode dadurch die Anerkennung zu verschaffen, schrieb er:
"Erster Unterricht im Zeichnen, besonders wichtig iiir El-
tern, Erzieher und Lehrer von Vollxs- iind Healsclnilcn.
Darmstadt 1830". Ferner: „Das freie Zeichnen nach Kör-
pern und natürlichen Gegenständen, nach den reinsten und
einfachsten Grundsätzen benrlaeitet u. s. w. Darmstadt 1832".
Sein Studium der mittelalterlichen Baukunst hatte einen wesentli-
chcn Einfluss auf sein artistisches Streben, und sie war auch die"
Veranlassung, dass er. um die architektonischen Risse zu verferti-
gen, sich mehr mit der geometrischen Zeichnung und mit der Per-
spective beschäftigte. Er erkannte theils das Schwierige, theils das
Mangelhafte der hierüber bestehenden VVerlse, und um dem Man-
gel abzuhelfen schrieb er: "D18 geometrische Zcichniingslehre,
besonders geeignet für Schulen, iiir Künstler und höhere
IIantliverker etc. Darmstadt 1832." Ein angefangenes ähnli-
ches Werkchen über Perspektive und Schattenlehre blieb unvollendet.
Mit Begeisterung erfüllten ihn die ehrwürdigen Baudenkmäler init-
telalterlicher liunst. Der Gegenstand seiner nähern Untersuchung
wurde zuerst die St. Catharinenlsirche zu Oppenheim am Rhein,
ein im edelsten Stiele der deutschen Kunst erbauter Dom. Mit
unermiidlichcin Eifer nahm Müller diese Kirche bis ins kleinste
Detail auf, und das endliche Resultat jahrelanger Arbeit war das
von ihin herausgegebene Werk: „Die St. Catharinenkirche Zil
Oppenheini, ein Denkmal deutscher Kirchenbaukiinst im
ißten Jahrhunderte, geometrisch und perspectivisch darge-
stellt iind mit erliiiiterndcm Text begleitet", Dieses Pracht-