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MessyS ,
Quintin
etc.
ein Maler seines Handwerks, sich ernstlich um das Mädchen be-
..warb. Er war der Verzweiflung nahe, als eine Aeusserung der
Jungfrau, die er durch die dritte Person vernahm, ihn plötzlich
wieder ermuntcrte. "Wäre doch jener der Hufschmied und Quin-
tin der Maler," hatte sie gesagt, und dies war ihm genug. Er
warf den Hammer weg, und sich. ganz der Kunst in die Arme , zu
der schon längst sein innerer Genius ihn mächtig gezogen hatte.
Mit dem Eifer der Jugend, von heisser Liebe getrieben, durch
schnelles seltenes Gelingen begeistert, arbeitete er nun Tag und
Nacht, und, wie behauptet wird, ohne Anleitung eines Meisters.
Durch fleissiges Studium der Natur und der vielen herrlichen
Werke grosser Meister, welche seine, zu jener Zeit lebensreiche
und prachtvolle Vaterstadt Antwerpen schmückten, machte er in
kurzer Zeit die bewunderungswürdigsten Fortschritte in der Kunst,
und ward" um so eher berühmt, da jedermann durch sein Talent
und die wunderbare Umwandlung eines Hufschmieds in einen Ma-
ler in das grösste Erstaunen versetzt wurde. Sein schönes Mild-
chen belohnte ihn willig mit ihrer Hand, er führte mit ihr ein
langes glückliches Leben, und auf allen seinen Gemälden, wo es
nur irgend der Gegenstand erlaubte, lächelt uns noch immer, nach
mehr als dreihundert Jahren, ihr freundliches, anmuthiges Hüpf-
chen entgegen. Auch die Tonkunst übte er mit grossem Gelingen,
und war desshalb unter seinen Landsleuten ebenfalls bekannt und
geliebt. Wie hoch seine Vaterstadt ihn ehrte, beweist sein in
Stein gehauenes Profil, an der Aussenseite der dortigen Marien-
kirche, mit der Umschrift des bekannten Verses: "Connubialis
amor de Mulcibre fecit Apelleui."
Quintin Messis war ein Mann von grossem Talente, aber mit ihm
näherte sich die niederdeutsche Schule ihrem allinähligen Verfall , er
selbst aber erhielt sich noch an der Grenze zwischen beiden Perio-
den. Quintin hielt sich nicht mehr strenge, an die vorgefundene
Weise der ältern niederdcutscheu Maler, sondern suchte sich ci-
nen eigenen Weg zu bahnen, auf welchem er Werke schuf, die
der Uriginalitiit nicht ermangeln. Er verschrnähte die iibermässige
Vollendung seiner Vorgänger, dagegen aber wusste er seinen Wer-
ken einen eigenthiimlichen Effekt zu verleihen, bei einer nichts
weniger als vernachlässigten Ausführung nach älterer Weise, was
Öfter aus den Nebenwerken auf das Gefälligste hervor-leuchtet. In
einiger Entfernung erscheinen seine Gemälde sogar fleissig Vollen-
det. Im Ganzen aber ist seine Zeichnung sorgfältig, nicht ohne
grosses Verständniss der Anatomie, und in richtiger Auffassung
der Charaktere war er nicht minder stark. Seine Färbung kommt
in Gluth und Wärme jener eines v. Eyck und Helnling zwar nicht gleich,
doch ist sie kräftig und manchmal auch von ganz eigenem Reize.
Auf schöne VVahl der Formen sah er nicht immer, aber auch sei-
nen weniger getälligen Figuren fehlt es nicht an Lebendigkeit und
an charakteristischer Beziehung, so dass man es dem Künstler
nicht gargzu nahe trägt, wenn ihm gerade kein Sonderlichcs Schön-
heitsgefiihl einwohnte. Mcssys ist dennoch der bedeutendste und
elgenthümlichste unter den Malern seiner Zeit, mit welchem jene,
die um die Mitte des 16. Jahrhunderts lebten, nicht mehr zu ver-
gleichen sind. Von jener Zeit an suchten die deutschen Maler
jene Höhe zu erklimmen, welche die italienischen Künstler er-
reicht hatten, allein sie kamen nur zu häufig mit Verlust ihrer
Eigenthülulichkeit zurück , ohne was BesscreS.dafiii' gewonnen zu
haben. In dem Streben nach einer an einer schönen Natur ver-
edelten Zeichnung, nach geistreicherer Anordnung, gefälliger Ver-