Volltext: Meglinger - Müller, Jan. (Bd. 9)

neuesten Zeit bei, um den Leser in den Stand zu setzen , die An- 
sichten verschiedener Schriftsteller erfassen zu ltönnen. 
Domherr Speth , Bunst in Italien II, 590 E. beschreibt die Ma- 
lereien der Camera de' Papiri, ein prächtiges Gemach, wo Mengs 
sein Hauptwerk in Rom niederlegte, und an diesem bcurtheilt 
Speth den Urheber. Speth glaubt, die Eigenthiimlichkeit des Künst- 
lers am strengsten bezeichnet zu haben, wenn er ihn eines der 
ausgeeeichnetsten Talente, einen tüchtigen Maler nennt, Nicht 
in poetischer Auffassung, in treffender Charakterisirung, in glück- 
licher Einheit des Gedankens liegt das Hauptverdienst dieses Ma- 
lers, erst im Technischen findet Speth ihn gross und überlegen. 
Dieser Schriftsteller hat nicht allein an dem Deckengemälde der 
Camera de' Papiri, wvelchc-s, wenn auch nicht das schönste, doch 
zu den erlescnsten von Mengs Arbeiten gehört, seine Meinung ge- 
fasst, sondern in anderen Werken des Künstlers hierin sich he- 
stärlst, besonders bei Betrachtung des Oelgexnältles einer heil. Fa- 
milie mit sieben Figuren von grosser Vollendung. Es zeigt sich 
auch hierin, da der Gegenstand eine grössere lYIannigfaltigkeit und 
tiefere Motivirung der Charaktere verlangte, eine inerlsliche Be- 
schräinktlieit der poetischen Erfindung, durchgängiger Mangel an 
tiefer angeregten Gemiithszuständen und ihrer strengeren Bezie- 
hung auf einander zum Ganzen. Bei besserer Anordnung der Gruppe 
als im Deckenbiltle ist im Oelbilde wenig VVirltsamkeit des Hell- 
dunkels in Auseinanderhaltung ihrer Theile; Correktheit der Zeich- 
nung und blühender Färbung  wo letzterenicht verdunkelt  
finden sich überall, so wie denn an Correktheit der Zeichnung, 
an Schönheit gewählter Formen im Ganzen es keiner der Neueru 
noch zuvorgcthan haben diirfte. Fleiss und Ausdauer in der Vol- 
lendung, das Streben, überall das vorhandene Beste zu wählen, 
tritt überall hervor, dagegen aber fand sich Speth zu dem Ausspru- 
che ermuthiget, dass sich in Mengs Werken durchaus wenig 
oder keine eigenthümliche Kraft selbstständiger Prdwdulttion zeige, 
nicht einmal, um seine überall sichtbare Tendenz hinter eine ge 
wisse Leichtigkeit und Freiheit im Zuwerltgehen dabei zu verber- 
gen. So lassen Mcngs Bilder kalt in der Betrachtung und ohne 
alle Theilnahme, obgleich wir den einzelnen Schönheiten darin 
unsere Bev-"underung nicht versagen können. Und nun fragt Spelh, 
0b Mengs mit diesen Mitteln und auf diesem Wege der Kunst wenn 
nicht eine neue, sondern nur die von den Aelteren schon betretene 
Bahn wieder öffnen konnte. Diese Antwort ist mit nein zu beant- 
wurten. Die Iiunst war damals in ihrem inneren Wesen zerfallen, 
Äman zeichnete und colorirte immer noch besser als man richtig 
und wahr zu beleben und zu ordnen wusste. Dieses kann nur 
ein Genie, das mit unbczwingbarer Geistesmacht, mit schöpferischer 
Iimft eigener Produktion und wie durch ein Wunder das VVesen 
der Iiunst auS 501mm eigenen Wesen, der Seele, hervorruft. So 
sagt Speth, und er glaubt nicht, dass in Mengs der Kunst ein 
solches Genie gßlJürßfl War; wenigstens zeugen seine Werke nicht 
dafür, und Mengs 86155! mag gefühlt haben, dass er so hohes Werk 
zu vullbringen nicht genug begeistiget war. Er suchte darum die 
Kunst auf anderem Wege zu retten, nämlich auf dem einer vol- 
lendeteren Ausbildung ihrer Darstellungsmittel. Allein abgese- 
hen davon, dass dadurßh dellrVVesen der Kunst, ist es einmal 
wieder geboren, nur ein höheres, vollendetercs Daseyn in ihren 
Werken verschafft werden kann, S0 kann Speth selbst mit der Art 
ihrer Ausbildung nicht verstanden seyn. Mengs dringt überall auf 
Schönheit und lteinheit der Form, "er vcrweistt darum auf die An
	        
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