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Diönageot ,
Frangois
Guillaume.
Sein damals gefertigtes Gemälde, welchesdas Studium vorstellt,
wie es die Zeit aufhält, wurde öfter gestochen, und es öffnete
dem Urheber die Thore der französischen Akademie. Im Jahre 1781
brachte er den Tod des Leonardo da Vinci zur Ausstellung, ein
Bild, in welchem man die Rückkehr des guten Geschmackes der
franziisiehen Schule erkannte. Man erklärte diese Darstellung als
Mcnageofs Meisterstück, in welchem das Edle der Composition,
der charakteristische Ausdruck der Figuren, die Correktheit der
Zeichnung, die blühende Färbung, die getreue Beachtung des
Costums und auch die leichte und breite Pinselführung gleich treff-
lich gefunden wurden. Dieses Bild riss zur Bewunderung hin.
Der Künstler wurde zum Professor adjunctus ernannt, und nach
etlichen Jahren (1787) übertrug ihm der König das Direktorat der
französischen Schule in Boni. Die Revolution ging nicht ganz
ruhig an ihm vorüber; er wurde verfolgt, und zuletzt war es seine
schwäehliche Gesundheit, die ihn zur Rückkehr nach Paris be-
wog. Zu Anfang unsers Jahrhunderts wurde er wieder Professor
an der Schule der schönen Iiünste in Paris, nach einiger Zeit
nahm ihn auch das Institut unter die Zahl ihrer Mitglieder auf,
und der Orden der Ehrenlegion schmückte seine Brust.
Ausser den oben erwähnten Bildern müssen wir hier noch be-
sonders seines Meleagers erwähnen, der neben dem sterbenden
Leonardo als Meisterstiick des Künstlers erklärt wurde. Meleager
ist im Kreise seiner Familie dargestellt, wiel er sich weigert, gegen
die Cureten die Waffen zu ergreifen. Diese beiden Darstellungen
rühmt auch Fiorillo III. 115 ff., und vom Bilde des Meleager sagt
er, dass es reich, edel und mit hoher Würde angeordnet, als
ein Meisterstüek zu betrachten sei. Auch der Pausanias francais
p. 571 'weiss von diesen beiden Bildern nur Rühmendes zu sagen,
während man anderwlirts dem Gemälde des Meleager nur einen
mittelmässigen Werth beilegt. Wie dem auch sei; diese Darstel-
lung wurde für würdig befunden, in kostbare Gobelins gebracht
zu werden. Beide sind bei Landen, Annales etc. III. 125 V. 132,
im Umrisse abgebildet, und der Meleager noch besonders gut im
Pausanias francais. Da liest man, dass in diesem Gemälde die
Iiöpfe von schönem Charakter seien, man fand aber den Kopf des
jungen Helden für den übrigen Körperbau zu weibisch. Das Nackte,
zumal Arme und Beine, sind gut gemalt, die Architektur ist im
reinen Styl gehalten, die Färbung fand man frisch, glänzend und
doch sehr harmonisch. Nach der Ansicht des Pausanias francais man-
gelt diesem Bilde nichts, als ein ernsteres, mehr antikc-res (Sepräge,
und der Verfasser jenes VVerkes mochte es noch gar über den-Tod des
Leonardo da Vinci setzen, dem er indessen einen entschiedeneren
Charakter zugesteht- Auf ähnliche Weise wurden in früherer Zeit
diese Gemälde hervorgehoben, mit den Produkten der neuern
französischen Schule kommen sie nicht mehr in Paralelle. Meh-
rere gestehen den Werken dieses Meisters in Vergleich mit den
neuern nur mittelmässigen Verdienst zu, historisch merkwürdig
sind sie aber immer, da sich in ihnen ein reineres Streben offen-
baret, als bei vielen seiner Zeitgenossen. Namhafte Compositio-
neu sind noch: der Abschied der Polyxena von Hecuba; Astianax
den Armen der Mutter entrissen; Venus, die der Diana den Ado-
nis durch List entrückt; der Neid, welcher dem Gerüchte die
Flügel ausraufen will; Nebucadnezar, der die Söhne des Sedekias
morden lässt; Gleopatra am Grabmale des Antonius; Dagobert I.
gibt den Befehl zum Bau der Abtei von St. Dcnis. Diese Bilder
fanden mehr oder weniger Beifall, Lob und Tadel. S0 liest man