Longhi ,
Giuseppe.
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doch der Meister selbst noch in einem andern zweiten Blaue in
dieser Manier übertroffen, welches er 1804 nach einem Gemälde
aus Rembrandts Schule gestochen hat: das Portrait eines unbekann-
ten lVIannes vorstellend, in vornehmer lileidun , mit kurz ver-
schnittenen Haaren und Bart, ein Buch in der äinken und einen
Stock in der rechten Hand haltend. Ferner gehört hieher Eurico
Dandolo nach Teoduro Matteini. Dieser Stich scheint, aus eini-
ger Entfernung betrachtet, ein wirkliches Gemälde zu seyn. Seine
Vision des Hesekiel nach Raphael ist ein erstaunnngswiirdiges Mei-
Sterstiick in Bezug auf gestaltendes Hervortreten der Formen, und
wie L. in der Magdalena die Wirkung der verschiedenen Far-
ben der Malerei auszudrücken strebte, und dabei gezeigt, wie
der Iiupferstecher es in dieser Art von Aufgaben treiben und dem
Unerreichbarcn sich nähern kann. so hat er im Hesekiel auch
diese Aufgabe, _den Gehalt eines Kunstwerkes ganz in die Form
zu legen, und den Schein von Schraffiren hervorzubringen, gelöst.
Die schwierigste Aufgabe hatte er in der Darstellung der Vermäh-
lung der heil. Jungfrau nach Rafael (spusalizzio). Jener heiteren
Harmonie von Licht und Farben, mit welcher der Maler uns ent-
zückt, kann der Stecher nur die einfachste Behandlung und grösste
Harmonie in den Strichlagen gegenüberstellen, welche aber eben dar-
um Wohlgefallen ohne Staunen erregen wird. In den Formen muss
er das tiefe, in Gestalten sich verkiindende Leben auffassen, und
in seelenvoller, vollständiger Zeichnung wiedergeben, und auf
alle Theile gleich aufmerksame, gleich liebevolle Behandlung ver-
wenden. Dieses hat Longhi auch in seinem Stiche gethan und zu-
gleich die schwierige Aufgabe gelöst; er hat aber den Dank nicht
erworben, den diese Arbeit verdient. Noch sind besonders zu
nennen: das Bildniss des M. Angela Buonarott-i, worin der Ste-
cher die grösste Gewandtheit und Kraft der Nadel bei grosser Zart-
heit zeigt, so dass es an der Seite der Edelink, Nanteuil, Masson
aufgestellt zu werden verdient; die hl. Familie nach Rafael, ähn-
lich derjenigen, welche der Meister für Adrian Gouffier malte, von
schönem Totaleffekte; die Enthauptuxig Johannes des Täufers nach
G. Honthorst; mehrere andere Blätter nach Rembrandt und seiner
Schule; die heil. Jungfrau mit dem Iiinde und St. Johannes; die
Bildnisse von Engen Beauharnais, Washington, Lady Burghers,
Andreas Appiani, Giov. Battista, seines Bruders, und das des ver-
storbenen Kaisers von Oesterreich. Ferner stach er einige Basrelief-
gemälde von Appiani; den Triumph des Scipio nach Yierin del
Vaga; eine Ruhe in Aegypten nach Procaccini; einen Pan und Sy-
rinx von eigener Conxposition. Die Platte der RafaeYschen Ma-
donna del Velo hinterliess er unvollendet; Cav. Toschi hat sie 18541
ausgemacht. In letzterer Zeit beschäftigte ihnauch der Stich des
jüngsten Gerichtes von M. Angela nach einer trelflichcn Zeichnung
des römischen Malers Minardi.
Aäisser einigen Gedichten gab er auch eine Abhandlung in der
Akademie der Iiiinste iibcr die Vorurtheile der Maler heraus; eine
andere über das Schöne, das Leben des M. Angeln, ein Lobrede
auf Apiani und den theoretischen 'I'hcil einer Abhandlung über die
iiupferstecherhunst: La calcografia da G. Longhi, welche C. Barth
ms Deutsche übersetzte, unter dem 'l'iteiz Die Iiupferstecherei oder
die Kunst in Kupfer zu stechen oder zu ätzen, von G. Longhi und
Q Baflh- 2 Thlc. Hildburgluausen u. Meiningen 1857. 58. Der erste
Theil des italienischen Werkes erschien 1850 zu Nlailand.
Nlm liunstblaue von Dr. Schorn sind Nachrichten über diese"
hunstler. so wie über seine Leistungen.