Figuren unmittelbar unter den Mauern sollen in ihrem Vcrhältniss
den Nachrichten über die Höhe der Mauer pünktlich entsprechen.
Vgl. Dr. Waagen liunst und Künstler etc. H. 450. Dieser Schrift-
steller sagt auch, er begreife jetzt vollkommen den ausserurclent-
liehen Beifall, welchen die Bilder von Martin in England gefun-
den haben; denn sie vereinigen in einem hohen Grade die drei
Eigenschaften, welche die Engländer in einem Kunstwerke vor al-
lem begehren: Effekt, eine phantastische, zum Schwermiithigen
neigende Erfindung und topogra{mimisch-historische Natürlichkeit und
"Wahrheit. In keinen Kunstwerken, welche Dr. lNaagen bisher
gesehen, spricht sich der Contrast der modernen Auifassungsweise
in der Kunst zu der antiken so schlagend aus, als in diesen. Die
Auffassung darin ist nämlich dem Wesentlichen nach landschaftlich,
und durch die Wirkung derselben als Landschaften wird auch der
lnezweckte Eindruck hauptsächlich hervorgebracht; denn unter den
unzähligen Figuren kann nur in denen im Wlorgrunde, und selbst
in diesen bei ihrer geringen Grösse nur unzulänglich der beab-
sichtigte geistige Affect ausgedrückt seyn.
Ein anderes Bild stellt die furchtbare Catastrophe der Städte
Ilerkulanum und Pompeji dar, ein VVerk, das die höchste Summe
seiner Kräfte erschöpft zu haben schien. In diesemGemäldc scheint
die Natur im filrchtbarsten llampfe zu seyn; Alles tritt dem Leben-
den drohend entgegen; über die ganze Scenc schreitet der Tod in
seiner furchtbarsten Gestalt. Der Beobachter findet sich in ein un-
bekanntes Land versetzt, das gebieterisch seine Aufmerksamkeit
anspricht; denn in diesem Bilde zeigt die Leinwand einen grossen
Theil der Dinge, die keines Menschen Augeje gesehen hat oder se-
hen kann. Die Compositioxl zeugt von ungewöhnlichen Talenten.
die Ausführung ist bcwnnclernswerth. Dcr_ manigfache Charakter
des Gebirges, die theilweise walclbewachsenen Seiten, die felsigen
Spitzen, die Schrecken des Kraters, das aufgeregte Meer, die
Tempel, Theater, Wasserleitungen und andere architektonische
Gegenstände sind geschickt behandelt, ihre VVirkung gross und
eindringencl. Gebäude stürzen unter wiederholten Stüssen zusam-
men, Menschengrnppen drücken alle Grade der Furcht aus, von
der verzweifelten Angst schüchterner Frauen , bis zum 'erschiittern-
den Beben der römischen Soldaten. Alles das spricht von grossern
Geschick und tiefem Studium.
" Doch entging dieses Gemälde auch dem Tadel nicht. Man ver-
glich das Feuermeer den Ueberbleibseln eines mil Franzen und
Festons gezierten Vorhangs, oder den rohen ungennselnten Farben,
welche man ohne Absicht auf einen schönen Grund legt, oder will-
liüllfllßll auf die Leinwand trliufeln lässt. Man tadelte wiederholt
die ermiidende Aehnliclil-ieit der flnm-incngetupften Lavawogen, der
Fluss- und llleeresßvellen, die Unbßdßlllßlltlllült der sinkenden Stadt
und die Figuren im Vorgrunmle, die all der Flitter der Lasur und
andrer liiixiste der Maler nicht besser macht. Daraus nun ist wohl
zu schliessen, dass das ganze Gemälde in der Hauptsache nur ein
üppiges Spiel mit Farbe und Beleuchtung seyn kann, das mit sei-
nen grellen Gegensätzen auch das unerfahrne Auge nur auf kurze
Zeit besticht.
Zu Martin's besten Werken zählt man neben der Zevstörung
von Bahylun (The storming ofßabilon) nuch den Brand von Troja
(Bevenge betitelt), Josua, und The wclsh ßard. Diese Bilder sind
ruhiger behandelt, mit dem Farbcnglanze ist er hnushaltcrißchcr