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Manuel,
Nicolans.
manichfache Weise in den Gang der Reformation ehnbesonders durch
die beissende Schildierung der geistlichen Zustände und Bedürfnisse
jener Zeiten. Bald darauf erfolgten kriegerische und andere Auf-
tritte, und auch bei diesen konnte lVIanuel nicht fehlen, bis end-
lich der Sieg des neuen Glaubens entschieden war. Von seinen
-Werlaen alshMaler, die auf die Reformation Einfluss hatten, ist
"vor allen der "li'-odtentanz in Bern zu nennen, in welchem er die
Kirche und ihr Haupt angcgrillenhntte. Dabei ist zu bemerken.
dass dieses nichttxlas, BYSlIG,GBl1]äl(lG seiner Gattung ist, wie Fiissly
behauptet. Die Entstehung der Todtentiinze ist viel friiber zu su-
chen. Jener im Kloster Iilingenthal in Klein-Basel reicht der
claselbst noch lesbaren Jahrzahl- zu Folge bis 1512 hinauf. Von den
.Arbeiten dieses fleissigen Malers ist verhiiltnissmässig wenig auf
unseres Zeit seinen iVandgemältlexi haben sich
Copien und Beschreibungen erhalten, von seinen Oelbildcm meh-
rere ausgezeichnete historische Scenen und Bildnisse. Einiges in
Vikisserlarben, von Handzeichnungen eine höchst interessante Aus-
wahl. und von seinen Holzschnitten niehreres entschiedene Aechte.
Derffodtentanz befand sich an der Hirchhofmatier des Dominica-
norklostersfsiidöstlichvon der" Kloster (jetzt französischen und katholi-
schen) kirche. Die vier ersten Darstellungen sind die Austreibung
aus dem Paradiese, die Gesetzgebung auf Sinai, die Erlösung auf
Golgntha und der Auferstehungsruf zum VVeltgerichte. Darauf fol-
gen der Pabst und die geistlichen Wiircien, Iiaiser und Honig mit
der weltlichen Abstufung der Stände, bis zu den fremden Völkern,
Juden, Heiden und Türken. Zuletzt kommt die Predigt, eine ver-
wickelte Allegorie, worauf der lledncr von der Ilanzel herab den
Todteulsopf darhält, während die ganze tungebentlc Gemeinde am
Boden liegt, jeder mit einem Pfeil durch die Stirne getroffen; vor-
an der Tod, Köcher und Bogen timgespannt und mit der Sichel
ausholetid; rückwärts ein alter weitgeiisteter Baum, dessen Stamm
zur Hälftevon der Axt gefällt ist, und aus dessen Zweigen eine
Menge von Menschen herabstiirtzt. Im Ganzen sind es 116 Darstel-
lungen, von welchen 41 den eigentlichen Todtentanz bilden.
Die Idee ist dieselbe, wie bei allen ähnlichen Bilderkreisen, die
Veranschaulichung der Nothwendiglaeit und Gleichmäßigkeit des
'l.'tv.les bei allen Menschen. Es tritt auch hier jene eigenthiimliche
Mischung des Ernsten und Heiter-an, des Griisslichen und des Lä-
cberlichen hervor, welche ähnliche mittelalterliche Kunstwerke cha-
rakterisiret, und in der finsteren Ansicht des Glaubens und Lebens
begründet ist, die, weil sie im Extrem stand, ihren Gegensatz durch.
sich selbst: hervorrief und sich denselben überall beihing. So stellt
Dr. Griineisen die Idee des Hiinstlers fest, und eine besondere Aus-
zeichnung findet er neben der darin ausgesprochenen Satyre auf
den kirchlichen Zustand des Jahrhunderts, und ausser der daran
hervortretenden Physiognomik, in der wirklich genialen Auffassung
und Behandlung im Ganzen und in einzelnen Partien. Ein histo-
risches Interesse gewährt dieser Todtetitanz durch die Bildnisse der
Zeitgenossen, das Wichtigste aber in Bezug auf die künstlerische
Auffassungbleibt bei Manuel unstreitig die geniale Laune, die seine
ganze Bildet-reihe durchhcrrscht. Das Neckisehe, Spasshafte, Ste-
chende bricht iiberall hervor; der Tod spielt bald den Derben, bald
den Zarlen, ist bald Kämpfer, bald 'l'änzer, nimmt dem Pabst die
'J.'iura vom Haupte, dem iVlaler den Pinsel aus der Hand, marschirt
mir dem llriegsmanu, buhlt iuit der Dirne und bedient sich der
verschiedensten, besonders musikalischer Hilfsmittel, um seiner