Volltext: Lodge - Megen (Bd. 8)

ISIantegna ; 
Andrea. 
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Waagen ist dieses sehr gewissenhaft ilurchqefiihrte Bild sicher aus 
der Zeit von Dlantegnzfs beriihmtein Stich der Grablegung in iiom. 
Der in Schmerz lautschreiende Johannes ist auf beiden beinahe 
derselbe. Die beriihmte Madonna della Vittoria, in Paris oft nur: 
La Vierge assise sur un tröne, selten: La vierge de la victoire, 
genannt, weil man da nicht zugeben will, dass Gonzaga Carl VIII. 
besiegt hat. Dieses Bild, dessen wir schon oben erwiihnt haben, 
durfte nach Dr. Waagen erst 1500 fertig geworden seyn, und es 
ZFigt daher den Meister in seiner vollsten Reife. Das Ganze nthinet 
einen höchst eigenthiimlichen, phantastisch poetischen Geist. Die 
Charaktere sind grandios, ganz eigen der Mauritius mit blondeln, 
Wich wallendem Haupthaar. Die Zeichnung ist hier bequem und 
frei, die Formen der nackten Kinder völlig edel, der Iiopf 
des Herzogs, zumal sein aufwärts blichendes Auge, höchst leben- 
dig. Obgleich die Färbung etwas dunlzel und unscheinbar, zeigt 
sich doch eine grosse Iienntniss des Helldunlsels.  Minerva, die 
lieuschheit, unter der Gestalt der Diana, und die Philosophie, 
unter der Gestalt einer Frau, welche eine Fackel trägt, alle drei 
feine und edle Gestalten, vertreiben die Laster, Unzucht, Faul- 
heit, Betrug, Bosheit, Schlemmerei, Wohllust und Unwissenheit, 
welche letztere von dem Undank und dem Geiz getragen wird. 
Diese Laster sind sehr seltsam durch Satyrn, Centauern und af- 
fenartige Gestalten dargestellt." In der Luft schwebentdie Gerech- 
tigkeit, die Stärke und Miissiglieit. Abgesehen von der Kälte und 
Dunkelheit, welche solchen Allegorien eigen sind, ist dieses Iiild 
aus der späteren Zeit des Meisters vor sehr ausgezeichnetem VVer- 
the. In den Bewegungen der Göttinnen ist eben so viel Grazie 
als Energie. Die Zeichnung hat etwas Elegantes, besonders sind 
Hände und Fiisse von grosser Feinheit, einigediinder aber so 
schön. dass sie des BafaeYs nicht unwerth wären. In den Gewän- 
dern finden sich zwar noch die feinen, engen Falten antiker Sculp- 
turen, doch nach den Stylforderungen der Malerei inodificirt. Die 
Ausführung ist durchaus von einem zarten Schmelz, die Färbung 
des Fleisches und der allgemeine Ton etwas unscheinbar. Die Harmo- 
nie wird durch einen feuerspriihcndexi Berg und Arkaden im Hinter- 
grunde sehr gestört.  Apollo auf dem PEIISHQSSXPUhOIKl regt durch die 
begeisternden Tiine seiner Lyrafdie Musen am Fusse des Berges zu 
Gesang und-flhinz auf. Links ist der Pegasus, unter dessen Huf- 
schlagdie [Iypolirene entspringt, von Merkur geleitet. Auf einem 
Felsen Mars und Venus mit dem Amor von Vulkan in seiner 
Schmiede aus der Ferne bedroht; im Hintcrgrunde herrliche Land- 
schaft. Herrlicher, als in irgend einem anderen mir bekannten 
Gemälde, sagt Dr. Waagen, spiegelt sich in diesem Schönen YVerkß 
die edle und frische Begeisterung für antike Poesie, welche im 15. 
Jahrhunderte in Italien herrschte, und zugleich ist darin das eigen- 
Ihiiixiliche Bestreben des Nlantegna zum deutlichsten und reinsten Aus- 
drueh gekommen. Es simricht sich darin ein Gefühl fiir Schönheit der 
Form, für Mannigfaltigkeit und Anmuth der llleweguixgen aus, wie 
nur wenige unter den neueren liiinstlerix es besessen. Eine der 
tanzenden NIusen, deren Köpfe die jugendlichste Frische, die 
reinste Luft, die edelste Begeisterung athmen, ist von wahrhaft 
antikem Schönheitsgefühl, und beweist, wie tiefMantegua in den 
Geist griechischer Iiunst eingedrungen. Die Gelenke, die Hände. 
die Fiisse sind von seltener Zierlichlieit. Nicht minder ist das Bild 
durch die blühende, heitere Färbung, durch die grosse lienntniss 
des Helldunltels ausgezeichnet, so dass es in allen Tiheilen an 
der Grenze des Iiafaielischcn Zeitalters steht, und beweist, dass
	        
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