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Leyden ,
Lukas
Hnygens v.
gedachte er ihrer nach seiner Heimkehr doch nur mit Reue und
Schmerz. Er fiihlte sich, wie er wieder zu Hause war, von einem
langsam schleichenden Uebel ergriffen, welches ihn allmählig dem
Untergango zufuhrte. Seine Eitelkeit und lIy ochondrie war auf
das Aeusserste gestiegen; er bildete sich ein, die Maler hätten ihn
aus Eifersllßhi vergiftet, legte sich zu Bette, und wollte es nicht
wieder verlassen. Er lebte und kriinkelte fort während einer ziem-
lichen Reihe von Jahrenf dabei zerstörte er durch verdoppelten
Fleiss alle ihm übrig gebliebene Iiraft, statt durch Ruhe für seine län-
gere Erhaltung zu sorgen. Die letzten sechs Jahre seines Lebens
musste er wegen seiner nasser-ordentlichen Schwäche grösstentheils
im Bette liegend zubringen, doch selbst diess hinderte ihn nicht,
jeden leidlichen Moment seinen Arbeiten zu widmen. Er hatte
sich zu diesem Zweck nach eigener Erfindung Werkzeuge und be-
sondere Vorrichtungen verfertigen lassen , die es ihm möglich mach-
ten, "selbst in dieser Stellung zu zeichnen, in Holz zu schneiden
oder in Kupfer zu stechen. Auch malte er in dieser Zeit noch
sein letztes Gemälde in Oel, ein Werk, welches als eines seiner
vorziiglichstcn in dieserßrt gepriesen wird. Dieses Gemälde war
mit zweien, dasselbe verlsgiliessenclen Fliigelthüren versehen, mit
der Jahrzahl 1531 bezeic et, und es stellte den Heiland dar, wie
er einem Blinden das Gesicht wieder verleiht. Die Blindheit des
von seinem linaben geführten Armen, das Mitleid und die himm-
lische Güte im Angesicht des Erlösers werden als höchst vortreff-
lich gepriesen. S0 auch die Mariiglaltiglieit und der Augglruck in
den öPfen der Umstehenden, die Gewänder, die Biiume und Ge-
büsche m der den Hintergrund bildenden Landschaft. Dieses Ge-
mälde kaufte späterhin ein Iiunstliebhaber in Harlem um einen
bedeutenden Preis. Die allerletzte Arbeit, mit der er sich bis kurz
vor seinem Ende beschäftigt hatte, war ein Holzschnitt, welcher
die Göttin der Weisheit darstellt. Diesen behielt er immer bei
sich, und sein brechendes Auge betrachtete ihn noch mit Wohl-
gefallen, als die schwache Hand ihm jede weitere Anstrengung
versagte.
Seine Tochter heirathete einen Herrn Datnessen und gebar einen
Sohn neun Tage vor Lukas Tpd. Als man das Kind nach empfarv
gener Taufe dem Qrossvater an sein Bett brachte, fragte er, wel-
chen Taufnamen (llO Eltern gewählt hätten , und als man ihm sagte,
es sei auch Lukas genannt worden, wodurch man ihn zu erfreuen
glaubte, gcrieth er sehr in Zorn, da er glaubte, nur darum habß
man den Knaben Lukas genannt, um einen jungen Lukas zu ha-
ben, weil ihnen der alte zur Last sei.
Als der Kranke fühlte, dass sein letztes Stiindlein herannahtß,
wünschte er noch einmal den freien Himmel zu schauen. Er licsä
sich aus seinem Bettein den Garten tragen, betrachtete still und
ernst die Pracht der Natur, kehrte in sein Zimmer zurück, und
starb den folgenden Tag 1553.
Es finden sich noch viele Gemälde, welche diesem Künstler 21V
geschrieben werden.
Im Escurial werden 10 Gemälde von Luea de Hdlanda, wie die
Spanier den Lukas van Leyden nennen, aufbewahrt. 1) Eine heil-
Familie; 2) ein Priester, der Messe liest; 5) eine Rnhg auf der
Flucht; 4) derselbe Gegenstand mit sehr wenig Unterschied; 5) eine
Versuchung des heil. Antonius, sehr unkenntlich; 6) die Jungffäu
mit dem Iiinde sitzend; 7) die Jungfrau mit dem Iiinde, dem SEE
die Brust reicht, eines der ausgezeiehnetsten Kunstwerke. D18
spanischen Patres glaubten, es sei gar nicht möglich, dass zu jene"