Leyden ,
Lukas
Huygens
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kommenheit zeigt sich in seinen Bildern, und seine enthusiasti-
schen Verehrer riihmen immer nur die Gewandtheit und Fertigkeit
des Grabstichcls, die Beobachtung der Lnftperspektive, die Grup-
pirungen, die Attituden und die Mimik, jedoch ist letztere nur
immer Modification eines Normalgesiehts , welches bei Frauen recht
gemeine Grundzüge, und an Leyden'sehen Männern ein finsteres
und hektisches Ansehen hat; _denn_ er war auf die Beobachtung
eines engen Kreises der Wirklichkextphne Wahl beschränkt, und
ahnete nicht die Schönheit der Seele in jener des Körpers.
Lucas verlor früh seinen Vater und ersten Führer auf der so
hoFfnungsreieh begßnnencn Bahn, und kam gleich darauf zu Cor-
nelis Engelbrecht in die Lehre, bei welchem er in unglaublich
kurzer Zeit die grösstcn Fortschritte im Zeichnen und Malen machte.
Im Iiupfcrstechen hatte ihm ein Künstler, Namens Harnassen, noch
besondern Unterricht ertheilt, und dieser lehrte ihn zugleich den
Gebrauch des Scheidewassers. Auch sagt man, dass ein geschiekl
ter Goldschmied ihm bei seiner Bildung für die Iiunst viel gehol-
fen habe. Ini Jahre 1510, dla Lukas van Leyden 16 Jahre zählte,
erschien abermals von ihm ein allgemein bewundertes Blatt, ein
Ecce Homo, und so folgte in schneller Folge eines seiner Iiunst-
werke dein andern. Die Anbetung der Iiiinige, die er 1513 aus-
fiihrte, ist kräftiger in der Behandlung, als die Bekehrung Paul's,
allein bei weitem nicht so trefflich in der Auffassung der Charaktere,
als dieses sein früheres Werk. Es zeigt sich in den männlichen
Iiiipfen dieses Blattes eine Ahnung von Charakterßgrösse und Kraft,
die wir in seinen spätem Werken nicht wfler finden. Seine
griisste Composition ist der Calvarienberg, welcher wegen des Reich-
thnms an Figuren, deren achtzig gezählt werden können, für sein
Meisterstiich gehalten wird. In den höchst seltenen ersten Abdrii-
cken ist in der Jahreszahl 1517 die 5 verkehrt geschrieben. Die
Ausführung dieses Blattes _hat zwar weder die Zartheit und Leich-
tigkeit seiner fruhern Arhezten, nech die Iiraft späterer, aber eine
Genauigkeit und Reinheit des Stiches und eine Einfachheit der
Striche, wodurch es den vollliommensten Beifall verdient.
Ueber die Verdienste dieses Künstlers als Iiupferstechex" verbreitet
sich von Quandt im Enltvviurfe zu einer Geschichte der Iiupferste-
cherkunst ausführlich, und das Obige ist grösstentheils daraus ge-
zogen. Doch schon Vasari räumte dem Künstler hohe Vorzüge
ein. Vasari, und andere nach ihm, sagen. dass er der erste gee
Wesen, welcher in seinen Stichen die Luftperspelstive angewendet
emaeht habe, und dass kaum die Malerei selbst mittelst ihrerQFar-
gen die Luffperspektive besser geltend machen könne. Der Ruhm
des Lucas van Leydentwar fiir( lange Zeit so gross, dass er von
Vielen als Maler dem Dürer gleich, als Stecher aber über ihn ge-
stellt wurde. Heut zu Tage aber, sagt Longhi in seinem Werke:
die Iiugferstecherei etc., übersetzt von C. Barth I. 76, ist es all.
eineine Meinung, dass er im Vergleich mit seinem Zeitgenossen
giirer und Marc-Anton, beiden an Richtigkeit der Zeichnung
nachstehe, möge Xerauch den ersten an Freiheit der Hand, den
zweiten an Stechergeschicklichkeit zu übertreffen scheinen. C. Barth,
in der Anmerkung S. 551 20, geht noch weiter ein, und er be-
merkt, der Behauptung Vasarfs entgegen, dass jeder, der Klinst-
1er ist, und weiss, dass die Luftperspektive sowohl in Zeichnung
als im Stich, mehr durch gehöriges Vermindern der Kraft der
Schatten in den entfernten Theilen, als durch Dämpfen der Lich-
ter hervorgebracht wird, auch leicht erkenne, dass durch Lu-
Gas Steckweise diese Art von Luftperspektive nicht vclllsouunen be-
lllaglefs Künstler-Lear. VII. Bd. 3'! .