Lemoine ,
Franz-
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Giinstling F. de Troy tlieilen, und nur in seiner Apotheose des
Herkules, an der Decke des grossen Saales in Versailles in Oel auf
Leinwand gemalt, machte ihm niemand den Rang streitig. Der
Künstler malte hier in grossem Raume 142 Figuren, die in neun
Gruppen vertlicilt sind. Man bewunderte darin die Lebendigkeit
der Darstellung, die schöne Färbung, die gefällige Beleuchtung,
und dcr weise Fleury war ganz bezaubert. Er meinte dieses Bild
verderbe ganz Versailles, was er doch wohl so verstanden, dass
es vor allem was aus früherer Zeit dort vorhanden war, den Blick
abziehe. Wie müsste sich jetzt diese kostbare Malerei, zu welcher
der Künstler allein um 10000 Fr. Ultramarin verbrauchte, zu den
Prunkstücken der modernen französischen Kunst in jenem Königs-
schlosse ausnehmen! Indessen ist Leinoine einer der wenigen
Künstler, welche in Frankreich zur Zeit des herannahenden Ver-
falls der Kunst sich noch mit einiger Würde zur Selbstständigkeit
erhoben, und einem besseren Geschniacke huldigten, als der andere
Tross von Malern. Er coniponirte in grosseni Style, doch ohne
mit jener Strenge einer früheren Zeit zu verfahren. Seine Figuren
sind nicht so theatralisch, wie dieses in der französischen Schule
damals gewöhnlich war. Watelet und Levesque behandeln ihn
strenge, gestehen ihm aber dadurch, dass sie sagen, Anordnung und
Stellung der Figuren sei wahr und natürlich, manigfaltig, und die
Grazie seiner Gestalten sei nicht gesucht, und ungezwungen, gerade
grosse Vorzüge zu. Sie räumen ihm auch grosscs Verstiindniss in
der malerischen Maschinerie ein, aus der Reihe grosser Coluristen
schliesseu sie ihn aber aus. Auch in der Zeichnung hatte Leinoine
seine Schwächen, besonders in der Musculatur, allein er bestach
das Auge durch VValirheit und Miirbigkeit, mit welcher er die
Flieischtheile behandelte. Seine Tinten sind frisch und lebhaft, an-
genehm und bei glücklicher Vertheilung von Licht und Schatten
fehlt es auch nicht an Harmonie.
Solche Vorziige gestehen ihm die strengen französischen Iiunst-
richter zu; setzen aber doch wieder bei, dass Lenioine in keinem
Theile der liunst starli gewesen, wo Festigkeit verlangt wurde.
Seinen Figuren gebricht es an Adel, die männlichen sind ohne
Charakter, die weiblichen artige Geschöpfe, ohne höhere Schön-
heit. Bekleidet sind seine Gestalten auf angenehme Weise, doch
darf man einen St_yl der Draperie darin nicht suchen. Ein Haupt-
vorzug bleibt die ihm eigene Leichtigkeit im Umrisse der Figuren,
und seine grosse Anmuth in den frischen und lebhaften Tinten.
Der Plafond in Versailles erhob ihn auf den Gipfel des Ruhmes-
E1- wurde nach Vollendung desselben an_der Stelle des L. de-Bou-
logne erster Maler des Bonigs; allein jetzt folgte ihm auch der
Hass und ein Heer von Neidern. Jetzt drängte man das (Tinte, wel-
ches er besaß, in den Hintergrund, man zählte nur die Fehler,
und der Cortona Frankreichs ward von den Iiunstgenossen, die
Sißh an Verdienst mit iliin nicht messen lmnnten , angefeindet und
verachtet. Schon ohnehin angegrilien fühlte er sich jetzt dvppelt
verkannt, und als sich zu seiner Melancholie noch die Idee ei-
ner Beraubiing seiner persönlichen Freiheit gesellte, so brachte er
sich ßmßs Morgens neun Stiche bei, weil er glaubte, {Pan konlmß.
um sich seiner zu versichern- Er fiel todt zu den Fassen seines
Freundes Bürger, der gekommen war, um ihn mit sich auf das
Land zu nehmen.
Die Werke Lemoimfs sind zahlreich, und am liebsten war es
ihm, grosse Räume bemalen zu dürfen, denn er wollte gerne öffent-
lich glänzen. Der Plafond des Jakobiner-Chors in der Bacqstrasse