Thomas.
Lawrence ,
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er auch eine neue IJeinx-vand. Bei dem Ausmalen wich er von der
VVeise der meisten Maler ab; denn er malte seine Portraits theil-
weise aus und verband die Theile dann mit der grössten Leichtig-
keit. Er vollendete oft den liopf, ohne Hand an dßll Hintergrund
Zu legen, denn cr berechnete die Wirkung genau, Welche die
'l'iefe des letztern zum Leben der Fleischtüne haben würde. VVenn
der Kopf fertig war, bedurfte es gewöhnlich einer oder zwei Sit-
zungen. um die Figur mit ltreide oder liohle zu zeichnen. Einer
seiner Zöglinge erhielt hierauf das Gemälde, und dieser füllte Dra-
perie und Hintergrund aus. Lawrence besserte dann das Verfehlte
und gab dem Ganzen mit wenigen Pinselstrichen den harmonischen
Ton. Nicht selten geschah es, dass Lawrence die Kreidezeiclinulw
eines Kopfes machte, einem seiner Zöglinge die Details beschrieb
und ihm auftrug die Zeichnung auf eine andere Leinwand zu iiber-
tragen und unmittelbar vor der zur nächsten Sitzung bestimmten
Zeit in Farbe zu setzen. Lawrence vollendete dann, mit dem Ori-
ginal vor sich, den Kopf in einer oder zwei Stunden. Das Por-
trait des Herzogs von York, eine seiner schönsten Arbeiten, wurde
in dieser Weise gefertigt.
In der letzten Zeit seiner künstlerischen Laufbahn liess sich
Lawrence fiir ein Portrait, je nach der Griisse 200 - 700 Pf. St.
bezahlen, und seine Einnahme belief sich in seinen später-n Jahren
auf 10000 Pf. St. Es ist daher auffallend, dass er zuweilen in grus-
ser Geldverlegenheit war und verhältnissmässig arm starb. Man
wollte den Grund in seiner Leidenschaft für das Spiel suchen; diess
ist jedoch eine Verläunidung. Unermessliche Summen kosteten ihn
aber die Ermunterung schöner Anlagen und der Ankauf von
Werken erster Meister. Seine Sammlung wurde von der National-
Gallerie angekauft, und sie macht die grösste Zierde derselben
aus.
Thomas Lawrence war ein Mann vommittlerer Griisse und in sei-
ner Jugend so schön, dass Hoare von ihm sagte, er würde, wenn er
einen Christuslsopf zu malen hätte, den von Lawrence zu seinem
Studium wählen. Er behielt diesen Charakter in einem hohen Grade
sein Leben lang. Pvlan behauptete, er gleiche Canning und er war
stolz auf diese Aehnliclikeit. Stolz, Edelsinn, Unabhängigkeit, Of-
fenheit, Wohlwollen, Herzensgiite verschmolzen auf eine wunder-
bare Weise in seinem Charakter. Georg IV. sagte, Lawrence sei
einer der elegantesten und wohlerzogensten Männer seines Reichs.
Er tanzte mit einer ungeineiiien Anmnth, und War ein ebenso gu-
ter Fechter als Fausthäiiipfer. Bei diesen letztern Uebungen war
seine Stellung überaus schön. Er liebte schon als Knabe den Faust-
kampf, welcher in der Gegend, wo Lawrence geboren ward, vor-
züglich einheimisch ist, und Lawrence selbst pflegte auf eine Weise
zu boxen, welche dauernde Spuren von dem brnste des Kampfes
zuriiclslicss- Sein Gegner W411" derselbe, dessen schone, athlctische
Formen er als Studie zu seinem Satan in dem Gemälde aus Mil-
torfs verlornem Paradiese benutzte. x
Die Alten hatte Lawrence in Uebersetzungen eifrig gelßäeni des
Griechischen war er ganz unkundig und im Lateinischen hatte
61' e; nicht sehr weit gebracht. Die neuere ausländische Literatur
w" Ihm Zwar nicht unbekannt; er musste sich aber auch hier mit
Uebersetzungen behelfe-IL
In den Schriften seiner Landgleute war er sehr bewandert, bg.
sonders in den Werken der "schönen Literatur. Sein Gedächtnigs
war ausserordentlich, und er hatte ein bezauberndes Talent Gev
dichte vorzulesen, oder aus dein Gedächtniss vorzutragen,