Lavvrence ,
Thomas.
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Hierauf machte Lawrence, von seinem Vater begleitet, Ausflüge
nach Oxford, Salisbury und Weymouth, wo seine Portraitzeich-
nungen vielen Beifall landen, deren er inider Regel täglich eine
fertigte. Seine Itunst iiiihrte ihn also schon reichlich, ab" im
Winter 1785 wandelte den jungen Lawrence doch die Lust an. sich
der Bühne zu widmen.
lViit seinem siebzehnten Jahre machte er seine ersten Vßrßlißliß
In Oelfarben. Der Gegenstand, den er zuerst behandelte, war Chri-
stus, das Kreuz tragend, in einem 8"Fuss hohen Gemälde. Als er
diese Arbeit vollendet hatte, malte er sein eigenes Portrait in QCl-
Er ahmte in diesem sichtbar den Styl Rernbrandfs in dessen mitt-
lern Jahren nach, wo Rembrandt seine sorgfältige Ausführung
vernachlässigte und sich der ganzen Fiille_des Pinsels mit tiefen
Gontrasten und raschen Uebergiingen und einer grossen Breite von
Licht und Schatten bediente.
In den ersten Monaten des Jahres 178? kam Lawrence nach Lon-
don, um die öffentlichen Iiunstanstalten zu benützen und die Lauf-
bahn zu betreten, auf der er so glänzend fortscliritt. Sir Joshua
Reynolds war damals auf dem Gipfel seines Rufes und Glanzes;
sein Urtheil eben so gewichtig, wie der Einfluss als Präsident der
Akademie. Lawrence fand Gelegenheit sich dem Präsidenten zu
nahen. Dieser war überrascht von der Schönheit und der hübschen
Gestalt und dem aninuthigen Benehmen des Jünglinge und nahm
ihn mit einer Aufmerksamkeit und einem Wohlwollen auf, das
dessen Furcht verscheuchte. Reynolds untersuchte seine Arbeit,
gerieth offenbar in Erstaunen, sprach ausdruclisvullyiiber eine An-
zahl Fehler, änderte aber plötzlich den Ton, liess sich über die
Verdienste heraus, und schloss mit milder Stimme: "Man sieht
klar, Ihr habt alte Meister copirt, aber ich rathe Euch, die Na-
tur zu' studiren: wendet Eure Aufmerksamkeit der Natur zu und
copirt keine Gemälde." Von dieser Stunde an bis zu seinem Tode,
der vier Jahre später erfolgte, empfing und behandelte Sir Josliua
den Jüngling mit stets gleichem Wchlwollen.
Lawrence wurde nun Zögling der ltünigl. Akademie; sein schö-
nes Aeussere, seine feinen Sitten, sein friedliches Benehmen zog
seinedlflitscliiiler und sein iiberlegenes Talent und rasches
Fortschreiten wurde ohne Neid anerkannt. Er begann damit, kleine,
aber höchst sorgfältig ausgeführte Zeichnungen _zu machen. _Auf
diese Weise zeichnete er den Apollo von allen Seiten. Mit seinem
zwanzigsten Jahre erlaubte man ihm nach lebenden Gegenständen
Zu zeichnen, eine Erlaubniss, welche damals nicht in der Ausdeh-
nung wie jetzt gegeben ward. Im Jahre 1787 ßrSCh_16h_fP Zimt eljsißrl-
mal in der Ausstellung von Somerset-House mit tunf weiblichen
Portraits, einer Vestalin und einem Wahnsinnigen Madchen. im
nächsten Jahre gab er sechs, 1789 dreizehn, i790 zwolf Portgeits
"l die Ausstellungen; unter den letztem waren die Pertraite der Honi-
Eälll, (ier Prinzessin Ainalie und der Schauspielerin Miss _Farren.
11.11 Jahre 179i eröffnete sein "Homer, der den Äglfieche" ieme G9"
dichte verliest," denlliatalog. Dieses Gemälde war fur Payne
Hmght gemalt, und -es ist jetzt im Besitz des Andre-w Iinight von
Düwllüffl Castle. Man" betrachtet es als eine ausserordentliclie Lei-
stuiig fur einen so jungen Mann, und lobte ebenso sehr die Ele-
ganz als die reife Umsicht des Künstlers. Im Jahre iTQI wurde
er in die Zahl der Associates der königl. Akademie mitgenommen.
Lawrence war jetzt in London bekannt und gesucht, aber ob-
gleich er mit Aufträgen überhäuft wurde, lebte er lißlnESWß "s im'
Uebertluss. Die Bedürfnisse seiner Familie foderten stets Zuschüsse
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