Lairesse ,
Gerhard
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Zeitgenossen die Allegorie und Idylle bewundern, und in diesem
Gebiete verfahren sie mit grosser technischer Fertigkeit. Die An-
zahl seiner Gemälde ist bedeutend; einige sind von grossem Um-
fange, andere zur Zierde der Zimmer gemalt. Auch verschiedene
Decl-xenstüclte führte er aus. Sehr gerne malte er nach Art der
Basreliefs. Seine Werke sind in Gallerien zerstreut, und ehedem
Wurden sie zu hohen Preisen erworben. Die Churfiirsten von Cöln
und Brandenburg beschäftigten ihn viel. -Nach Berlin kam er durch
Johann Gregor Memhard, der damals im Rufe eines geschmack-
vollen Architekten stand. Er war Lairessens_Freunil, und daher
empfahl er ihn dem Churfiirsten, und zwar zu einer Zeit, als Lairesse
noch nicht 20 Jahre zählte. Im lt. Museum zu Berlin sind schöne
Gemälde von ihm. Die meiste Zeit seines Lebens verlebte Lai-
resse zu Utrecht und dann in Amsterdam, wo er starb.
Er führte nicht den erbaulichsten Wandel; er war schwelgerisch
und in der Liebe ausschweifend. Trotz seiner hässlichen Larve
sahen ihn die Weiber gern, und es scheint fast, dass ihm irgend
eine Dirne den Verlust der Nase verursacht hat, wenn nicht jene
Wirthshausscene mit Emanuel de Witte blos ein bösi-villiger Aus-
fall war. S. Fiorillo Gesch. der zeichnenden Künste in Deutsch-
land III. S. 218. Sei dem wie ihm wolle, Lairesse erhielt zuletzt
doch noch eine Frau, weil ihm das Leben mit Iiebsweibern nicht
mehr gerathen schien. 'Ein böser Mensch war er nicht, und was
ihm die Natur voresithielt, das ersetzte sein feiner Geist. Er war
beständig froh und heiter, ein Mann von Energie.
Lairesse hat auch über Malerei geschrieben, und in der späte-
ren_ Zeit seines Lebens hatte er das Unglück, zu erblindcn. Sein
Werk soll ihm damals iin Alter zur Unterstützung gedient haben,
wie düärgensville, der den Künstler kannte, behauptet. Descampl
und Andere wollen die Sache besser wissen. Nach ihrer Angabe
erblindetc der Künstler 1690, und in diesem Zustande soll er wö.
chentlich einelwalergesellschaft gehabt haben, in welcher er seine
Ideen cliktirte, die dann von seinem Sohne gesammelt und mit ei-
ner Menge Iiupferstiche begleitet, nach seinem Tode in zweiBän-
den erschienen wären. Dieses ist unrichtig, und clüärgensville,
wenn er sagt, dass das Werk im Alter des Künstlers erschienen,
hat das Rechte getroffen, denn die erste Ausgabe erschien 1707 zu Am-
sterdam, unter dem Titel: Hct groot schilderbock door G. de Lai-
resse. 2 Deelen. Met printverboelclingen, in lt. Die zweite Ori-
äinalausgabe ist von 1712. Sein Zeichenbuch wurde in die deutsche,
ranzösische und englische Sprache ubersetzt, und seine Werke
und Schriften übten durch die Einführung in allen öffentlichen
Kunstschulen einen grossen Einfluss auf die Kunstweise. In Com-
Pusition, Zeichnung und Ausführung wurdcolediglich nach gewis-
sen Regeln verfahren, und in den nach diesen Principien ange-
fertigten Bildern verschwand nun allmählich alles eigenthümliche
Gefühl, so dass sie den Beschauer, ohnerachtet grosser technischer
Verdienste, und einer gewissen Glätte und Eleganz in der ganzen
Erscheinung, innerlich kalt lassen.
Lairesse hat auch mehrere Blätter radirt, die theilweise sehr
Schätzbar Siüä- Wie in seinen Gemälden, so findet man auch hier
Stoff zl1_Lob und Tadel, und Füssly geht zu weit, wenn er das
Werk dieses Meisters den jungen, studireiiclen Künstlern als_ et-
was ausserordentlich Lehrreichcs empfiehlt. Die meisten Sßlner
Blätter sind in grossem Formate, und besonders die von 1 6
reich in der Compositiqn.
1) Joseph von seinen Brüdern erkannt. H- 15 Z- 2 In, Br.
8 Z. 5 L.
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