Holb ein ,
Hans.
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land, wo er durch Erasmus an Thomas Morus empfohlen war.
Dieser fand solches Wohlgefallen an dem Iiiiilstler, dass er ihn
gleich längere Zeit in sein Landhaus aufnahm, nämlich iu Chel-
sea, wo Morus mit zahlreicher Familie wohnte.
Erasmus nannte diese Familie eine Schule christlicher Frömmig-
lieit, und so möchte denn auch die Aufnahme in diese Familie ein
neuer Beweis gegen den Vorwurf schlechter Sitten seyn, welchen
mehr als hundert Jahre später Patin und nach ihm Andere unserm
Maler gemacht hatten. Eine skizzirte Ilandzeicltnung auf der Bi-
bliothek zu Basel, von Mechel herausgegeben, stellt diese ehr-
würdige, später so unglückliche Familie, mit heigeschriebenem Al-
ter dar. Diese Zeichnung verfertigte er 1529- Durch Morus
wurde Holbein im Jahre 1528 dem Iiönig Heinrich VIII. bekannt;
dieser nahm ihn sofort in seine Dienste, und von nun an wurde
er vorzugsweise Portraitmaler, in welcher Eigenschaft er zu einem
europäischen Buhme gelangt ist. Er malte nun eine Menge vor-e
nehmer und berühmter Personen; die unschätzbare Sammlung von
89 Portraitskizzen, welche die Königin Karoline im vorigen Jahr-
hunderte im Schloss zu Iiensington entdeckte, und welche durch
Bartolozzfs Hand der ganzen Welt vor Augen gestellt ist, gibt
uns einen lebhaften Begriff von dieser Tbätigkeit. Unter den durch
Wissenschaft berühmten Männern zeichnet sich der Dichter Nico-
laus Bourbon und der Astrmxom Nicolaus Kratzer von München
aus. Letzteren malte Holbein mehrmalen, und eines dieser Bild-
nisse von 1526 sieht man im Museum zu Paris.
Holbein verfertigte auch Miniaturgemälde, von denen noch meh-
rere vorhanden sind. In einem Hause in der Nähe von Excter
hat man 1857 erst wieder ein Miuiaturbildniss der Königin Elisa-
beth aufgefunden. Sie ist ihm gesessen, eine Gunst, die sonst
keinem Manne zu Theil wurde. Auch fertigte er Zeichnungen
von allerlei Geräthen und Verzierungen für Goldschmiede, Schmelz.-
arheiter, Miinz- und Holzschneider; er modellirte und schnitzte,
selbst in der Baukunst war er erfahren, und die Eilgländer geben
ihm das Verdienst der Einführung eines besseren Geschmackes in
der Architektur ihres Landes.
Im Jahre 1529 kam er wieder nach Basel, wo er Frau und Hin-
der zurückgelassen hattc,__und jetztysah er die traurigen Verhee-
rungcn, welche die religiöse VVuth gegen die Bilder in diesem
Jahre angerichtet hatte. In dieser Zeit scheint er jenes beriihixite
Bild der Dresdner Gallerie: das Portrait des Bürgermeisters Jakob
Meier mit seiner Familie, gemalt zu haben. Dieses ist, ausser
mehreren Portraiten, eines der vorziiglichsten Gemälde Holbeiifs in
jener Sammlung. Das Bild ist höchst edel aufgefasst, voll Würde
und Verkliirtheit. Die Bildnisse sind siimmtlich meisterhaft gemalt,
nur ist das Christkind wegen seiner Hiisslichkeit, und der mageren
Verhältnisse halber widrig. Den Grund diese; Uebelstandes kennt
man nicht; aber man suchte Entschuldigung und Erklärung. Hirt
glaubt, dass die Madonna mit dem Rinde eine Friihverstorbene
sei, um welche die zurückgebliebenen jetzt sich versammeln; A11-
dere meinen, das Kind in den Armen der Madonna sei nichtfilas
göttliche, sondern ein krankes, dem Bürgermeister zugebärtäß
Iiiud, um dessen Genesung der Vater und die ganze Famllleuülß
Mutter Gottes anflehen. Wie auch die Sache sich verhalten moge,
das liind ist nicht schön, und estbleibt nur der WIIPSCha daßß
es eine wiirdigere Form hätte. Gestochen ist dieses Bild von K.
Patin, und neuerdings abgebildet in des Grafen Baczmslsy Ge-
schichte der neuercn deutschen liunst I. 99. Der Holzschnitt ist von
16'