Hogzu-th ,
William.
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rieninalerei als einziger Heilsweg gepredigt wurde, musste jedes äch-
te Iiunsttalent, dessen erste Bedingung ein lebhafter Natursinn ist,
abstoßen, und wie es dann immer zu ehen pflegt, in eine einseitige
Opposition treiben. Dieses war nach Er. Waagerfs richtiger Ansicht
der Fall mit Hogarth. Er hatte ein eminentes 'l'alent für Auffassung
des Charakteristischen in der Natur, und liii- Verwendung desselben
zu dramatischen Vorstellungen. Wäre ein Naturell, wie Hogarth, im
15. Jahrhundert lll Florenz zum Vorschein gekommen, so hätte er aus
dem Iireise der religiösen Vorstellungen jener Zeit ohne Zweifel so
viele höchst dramatische Scenen aus dem Nlönchslebenimit grossem
Beifall behandelt. wobei auch seine humoristische Ader in so man-
chen burlesken Ziigen des lilosterlehens seine Rechnung gefunden
haben würde. Da ihm aber seine Zeit keine allgemeine Form bot,
worin er sein Talent hätte geltend machen können, erfand er, um
sich in seiner Weise auszusprechen, eine neue Gattung der Malerei,
nämlich die moralisch-historische, welchein dem allgemeinen Gebiete
der Malereinach Waagen ungefähr die Stelle einnimmt, wie das bür-
gerliche Drama in der Poesie, so dass Hogarth sich etwa zu Ra-
fael verhält. wie Moliöre zu Sophokles. Diese moralisch-histori-
sehe Gattung ist, nach Waagens Behauptung, das Einzige, worin
die Engländer das Gebiet der Malerei im Allgemeinen erweitert
haben; in allen andern Gattungen werden sie mehr oder minder
von den andern Schixlen iibertroden. llogartlfs und Reynolds Be-
handlung ist breit und frei; jeder Zug ist aber noch in der Natur
geschaut, bestimmt ausgedrückt, während bei den meisten spätem
Malern selbe in Flüchtigkeit und Nachlässigkeit ausartete, so dass
von allen Gegenständen nur ein sehr oberflächlicher und allgemei-
ner Schein wiedergegeben wird, und manche Bilder den grellen
Effekt einer Theatcrdclsoration machen, andere wieder in rabulis-
tischer Unhestiiumheit verschwimmen. Viele ihrer Bilder sind ver-
blichen oder schwarz geworden, andere haben Risse bekommen
und die Farbe ist flüssig geworden, da es diesen Meistern an einer
guten Technik fehlte.
In der Natiunalgallcrie zu London ist Hogartlfs Mai-lege s. la Mode,
in 6 Bildern, nach Waageds Meinung die geistreichste von dessen
Folgen, bekannt, durch liupferstiche und durch Lichtenbergs svitzige
Beschreibung. Der Künstler hat hier" die Vermählung des hohen,
aber hohlen Stainmbaumes mit der schmutzigen, aber vollen Geld-
laatze, wobei die Personen nur als zufälliges Anhängsel betrachtet
werden, sammt ihren Folgen mit dem seltensten Anfwande iion Er-
findung, Beobachtung, Humor und dramatischer Exiergie darge-
stellt. ln diesen Bildern fand Waagen auch einen ausgczeichneteil
malerischen Werth, wiihrcnil Hogarthß Landsmann, H. Walpole,
sagt, derselbe habe als Maler nur ein geringes Verdienst besessen.
Mit seltener Meisterschaft und Leichtigkeit sind hier die feinsten
Niinncen seines Humors in den ltiöpfen hiueingcschrieben, und alles
itndcre ist mit Sicherheit und mit Fleiss ausgeführt. Die Färbung
ist im Ganzen unscheinbar, ohne Lasur, die Bilder sind nur in
Declatarben gemalt, sie haben mehrsdenEindruck von Gonache- als
Oelgernälden; es herrscht aber darin ein so feiner Sinn für harmo-
nische Wirkung, dass sie, nachrWaageifs Behauptung, auf einer 1m-
gleich höheren Stufe stehen, als 50 viele Erzeugnisse der neueStell
englischen Schule mit ihren schreienden grellbimtcn Färben. Nur
der Tod des Ehemannes hat nachgedunlxeltt , t
Fiir diese sechs Bilder erhielt Hogarth armselige M0 Pf- St-
gerstein bezahlte dagegen 1797 dafür 15311955519 sihÖ-ßüf Lein-
wand. 2 Sch. 3. Z. hoch, 2 Sch. 11 Z. breit; ' _A
In der Nationalgallcrie ist auch Hogartlfs eigenhändig gemaltes