Volltext: Haspel - Keym (Bd. 6)

Hauser , 
Georg- 
auf die Jahrzahl 14.07. welche anzeigen soll, der Thurm sei 1.107 
wieder bis auf jene Höhe abgebrochen worden, zu welcher ihn 
der erste Baumeister aufgeführt hatte. Wenigstens scheint es aus 
dieser sonderbaren Erklärung, dass Fischer jene Risse, welche 
im Begistratnrsarchiv des Stadtmagistrats bewahrt werden, nicht 
fiir Originalrisse, sondern für später gefertigte Zeichnungen gehal- 
ten. Es sind deren sieben, drei Grundrisse, drei Aufrisse eines 
'l'hurmes und ein Aufriss eines Tabcrnakels, alle mit Tuseheloder 
Tinte und mit der Feder gezeichnet, aber von verschiedener Hand 
und mit ungleicher Sorgfalt. 
Bei allen diesen Planen und Aufrissen ist nirgend der Name des 
mit so grosscr Sicherheit angenommenen ersten Thurmbaumeisters 
Georg llauser zu lesen, sondern lediglich die Buchstaben G H mit 
dem Werhzcichen, und der deutliche Name "Gregor Ilauser" mit 
demselben Zeichen. Es ist also nicht zu bezweifeln, dass beide 
Bezeichnungen denselben, aus Cuspinian bcliannten, Freyburger 
Gregor I-Iuuser betlc-uten, zumal, da auch das nur halb geübte 
Auge einsieht, dass sowohl die eingeschriebenen Worte. als beson- 
ders die römischen Uncialcn G ll. olfenbar das Ende des 15. oder 
den Anfang des 16. Jahrhunderts verrathen, wo die lateinische 
Schrift anfing, die gothischc oder Münchsschrift zu verdrängen. 
Der wahre Originalriss, dessen schon Ogesser S. 4-1 erwähnt, 
svird noch als ein unsehätzbares und sorgfältig verwahrtcs Iileinod 
in dem Baumeister-Archive der ehemaligen Ilaupthiitte bei St. 
Stephan verwahrt. Er enthält auf einer über 15 Schuh langen Per- 
gamentrulle den Aufriss des ganzen Thurmes, vom Fusse bis zum 
Iinopfc. und hat schon desshalb die Meinung mehr für sich, dass 
er der Originalriss sei. Nach den OPlIlSClIELI Gesetzen der Verkür- 
zung erhöhter Gegenstände, worauf die besseren Meister mit klu- 
ger Berechnung der entstehenden Wirkung Rücksicht genommen, 
erscheinen am unteren Theile der Zeichnung manche Abtheilungen, 
Fenster und Felder höher, als in der Wirklichkeit, auch zeigen 
sich beim oberen Theile, der bekanntlich lauge nach dem Tode 
des ersten Baumeisters aufgeführt wurde, einige Vcrschiedenheiten. 
Daraus ergibt sich, dass der lliss, der seit den ältesten Zeiten in 
der Bauhütte bewahrt wird, wahrscheinlich der Riss des ältesten 
bis auf Tschischlia unbekannten Tburmbaumeisters, oder, wie die 
Sage noch näher bestimmt, der Schiuutzriss sei, der von den Bau- 
leuten gebraucht wurde; dass ferner Buchsbaum beim Aufbau der 
Spitze in Nebendingen von demselben abgewichen, dass endlich 
die magistratischen Risse zur Zeit Kaiser Drlaximiliauü I. von Gre- 
gor Hauser angefertigt worden seien. Und so ist der Name "Georg 
llauser" unerweislich, lediglich aus einer Verwechslung des 'I'ilmez 
entstanden, wie B. v. Iloriuayr in seiner Beschreibung von Wien 
zu beweisen sucht. 
In dem Verzeichnisse der Baumeister und Steinmetze (Steinmetz- 
tafeln), die seit den ältesten Zeiten in Wien, namentlich am Baue 
von St. Stephan gearbeitet haben sollen, wird jedoch Gregor Hau- 
ser als Jörg Hauser, und zwar richtig zu den Jahren 1510 _152O, 
aber von Stettin, in einer zweiten Aufzeichnung (im Cod. Austria- 
cus) aber von Heidelberg benannt. Er führt gerade dasselbe Zei- 
chen, das die magistratischcn Risse aufweisen, und somit könnte 
wohl bei Einen und demselben Künstler dieiNamensverivechslung 
Georg und Grßgur statt gefunden haben. Ob er aber von Frey- 
burg gebürtig und früher vielleicht in Stettin oder Heidelberg an- 
SiiSSig Seit-TISCH, oder umgekehrt, ist eine andere Frage. Zwei 
Iiünstlcr wird man Wohl kaum annehmen dürfen. 
Uebcr den Bau der Kirche und des Thurmes handeln die erwähn-
	        
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