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Gozzoli ,
Benozzo.
und sie hatte kein Geld mehr, um den leeren Raum bemalen zu
lassen. Dieser blieb also bis 1469 leer, und Benozzo ward berufen
ihn auszufüllen. In dem bezeichneten Jahre wurden dem Hiinstler
die ersten sieben Bilder verdungen, und die Weinlese des Noah
war das erste, welches ihm mit 66 fl. und 2 tersi ltirghi bezahlt
wurde. Jetzt fuhr er ohne Unterlass bis 1485 im Malen fort und
daher braClite 61' 16 Jahre mit dem VVerlxe zu, nicht zwei. Somit
übertreibt auch Vasari, wenn er sagt, dass eine Legion von Ma-
lern in einer- so kurzen Zeit nicht mehr gefördert haben würden.
Allein Vasari nimmt an, dass Benozzo schon 1478 gestorben sei,
und nach diesem Schriftsteller findet man häufig dieses Jahr als
das Todesjahr des Künstlers bezeichnet. Die Veranlassung zu die-
ser Meinung gab die Inschrift im Campo santo, die 1473, noch
bei Lebzeiten des Künstlers gesetzt wurde. Sie lautet: Hie tumu-
l_us est Benotii Florentini, qui proxime has depinxit historias. Hunc
sibi Pisanorum donavit humanitas. A. S. JVICCCCLXXVIII. Zu
dieser Zeit haben die Pisaner dein Künstler eine Grabstiitte ge-
schenkt, aber dieser ist erst später gestorben, und wahrscheinlich
im Campo santo begraben worden; doch weiss man nicht wann.
Im Jahre 1485 den 11. Mai wurden ihm die letzten Raten ausbe-
zahlt, und zwar für die Geschichte David's und den Besuch der
Königin von Saba. Die Belege sind in den Notizie inedite delle
Sagrestia pistojese de belli arredi del campo santo pisano etc. Fi-
renze 1810 abgedruckt. S. auch Förstefa Beiträge etc. S. 151.
Einen Begriff vom der Herrlichkeit und dem Bcichthum der
Compositionen des Campo santo kann man sich durch Lasinio's
Stiche machen, doch nicht von dem innern Leben, welches in Be-
nozzo's Malereien klar hervortritt. Es herrscht in ihnen die grösste
Wahrheit und Mannigfaltigkeit in den Gesichtern, die reinste Be-
zeichnung der Seelcnzustände. Er wusste Ernst und Scherz, Ho-
hes und Tiefes zu erfassen, und oft reizte ihn die Freiheit und
Heiterkeit zum Muthwillen; das Bild der Trunkenheit Noalfs ist
sprichwörtlich geworden. Nach einer Figur desselben bezeichnet
man eine Person, welche Schamhaftigkeit heuchelt, mit Vergeg-
nosa di Pisa, desshalh so genannt, weil zur Rechten der bis an
die Schamtheile entblösste Noah von einer seiner Töchter durch
die vor das Gesicht gehaltenen Finger der Hand angesehen wird.
Lasinio hat sich durch sein Werk (Pitture a fresco del campo santo,
1822. gr. fol.) doch grosses Verdienst ervworben; denn diese Gemälde
werden mit der Zeit ganz zu Grunde gehen. Sie sind leider nicht
a frcsco, sondern a secco gemalt, und daher fallen sie täglich mehr
ab. Auch Rumohr (ital. Forschungen II. 257 Ff.) handelt von die-
sen Malereien. "Sie stellen folgende Gegenstände dar: Die Trun-
kenheit des Noah, mit der Vergognosa, eine liebliche Darstellung
und ein Meisterstück in Bezeichnung der Gemüthsbewegungen;
Noah flucht dem Cham, ganz vorzüglich Wegen der Landschaft;
der Thurm zu Babel, merkwürdig wegen der Anordnung der vie-
len Figuren , deren einige Bildnisse sind (Cosmo padre della patria,
LOrenzQ magnilico, Giuliano de Medici, Angela Politiano) und
wegen der Architektur; Abraham und Lot reisen nach Aegypten,
eine schöne Landschaft; Abraham's Sieg über seine Feinde, sehr
reiche lebendige Composition; Abraham bewirthet die Engel; def-
selbe, wie er die Hagar fortschickt, mit der Episode, wie Sara_ die
J-Iagar auspeitscht, und letztere in der Wüste, reiche Compositio-
neu; der Untergang Sodomafs, höchst sinnreiche Vorstellung, merk-
würdig durch die {enntniss der Verkürzung, durch Stellung und
Geherden; Abraham's patriarchalisches Leben und Isaalfs UptÄ-r;
die Freiung und Hochzeit der Rebecca, höchst reiche und schöne