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Trioson ,
Girodet
Anne
Louis.
Gemäldes vorzüglich die Geschicklichkeit, mit welcher der Künst-
ler durch Anbringung der kleinen Nebenfigur, des allegorischen
Bildes der Liebe, die Einförmigkeit der beiden fast gerade stehenden
Figuren zu unterbrechen, sie zu gruppiren, und über. die ganze
Anordnung Zusammenhang zu bringen wusste. Dabei ist dieser
kleine Gott so ausnehmend schön, so voller Grazie, so ganz als
Seele des Gemäldes am rechten Orte, dass gewiss kein unparthei-
scher _'Richter ihn daraus vermissen möchte, so sehr er auch an-
stössig geschienen hat. Auch die übrigen untergeordneten Gegen--
stünde des Gemäldes sind im höchsten Grade geschmackvoll und
bilden ein harmonisches Ganze; der Leib der neuhelehten Schön-
heit, ohne alle Bekleidung, wetteifert an Ebeninass mit Praxitelcs
Meisterstück, und schwerlich hat je die Iiunst die jungfräuliche
Schamhaftigkeit so rein und so zart mit der Wollust vereinigt
dargestellt. Lange vermag der Beschauer nichts wahrzunehmen,
als die aus dein Stralilenmeer hervorgehende siiintäuschende Ge-
stalt der Galatea. Laugier hat dieses Feenbild im Iiupfersticlie ver-
vielfältigen Das Original kam in den Besitz des Grafen Soinariva.
So viele Bewunderer dieses Meisterwerk fand, so war es bei sei-
nem Erscheinen doch niclit vom Tadel frei. Einige irvaren mit dem
Ausdrucke und. der Bewegung des Pygmalion nicht zufrieden; sie
verdankten die Wirkung des Gemäldes der Gaukelei der Farben
und behaupteten, dass die Fehler selbst, wovon es voll ist, nur ei-
nem vorzüglichen Talente angehören und Früchte der Berechnung
und hartnäckigsten Arbeit seien. Seit dieser Zeit schien Girodet
der Malerei entsagt zu haben. Sein Körper war geschwächt und
besonders bemächtigte sich seiner, sobald er sich seiner Einbil-
dnngskraft überliess, ein Fieber, das ihn mehrere Male an den
Rand des Grabes gebracht hatte. Doch plötzlich erinannte er sich
wieder und malte auf Verlangen des Ministeriums des königlichen
Hauses für die Ausstellung zwei Bildnisse Vendödsclier Helden, die
letzten Meisterwerke seiner Hand. Der Name dieser Helden ist
Bonchamp und Gathelineau. Letzterer war ein Bauer und Woll-
hindler, der an der Spitze von 80,000 Mann die Belagerung von
Nantes unternahm, wo er seinen Tod fand. Diesen fand jetzt auch
Girodet. Seine Iirankheit war kurz, aber schmerzhaft; seine Bestat-
tung war eines so grossen Iiünslers würdig. Dem Sarge folgten
eine grosse Anzahl Leidtragender, und ausgezeichnete Männer spra-
chen am Grabe in Reden ihre Bewunderung und ihren Schmerz
aus.
Girodet lieferte noch eine grosse Anzahl anderer Werke : Compa-
sitionen aus derAeneirle und aus Racine, welche den schönen Didot-
sehen Ausgaben beigefügt sind; die vier Jahreszeiten in vier rei-
zenden Figuren; Mars, Bacchus, Bellona und Pomona, die e;- für
den Iiönig von Spanien malte und tur _das Schloss Compiegnß
wiederholte. Cliatillon hat sie lithographirt. Daiiae, in welcher
Aninuth und Feinheit der Ausführung sich mit dem Liebenswür-
digsten vereinigen, was ein zarter Geist hervorbringen kann, von
Aubry le Comte sehr schön lithdgraphirt. Andere vorzügliche
Werke sind noch: Joseph, der_sich seinen Brüdern zu erkennen
gibt; Ermordung der französischen Gesandschaft bei Bastadt; ein
reisstuck; Psyche; Flora mit Zepliyr liosend, gestochen von Pra-
dier; das Portrait des Vaters von Napoleon, des Mameluken Kat-
schef, des Arztes Trioson, des Herrn von Chateaubriand, gestochen
von Laugierund lithog. von le Comte, u. s. w. I. B. Sanibit li-
thographirte Girodet's Bildniss , welches als letztes Denkmal seines
reichen Iiunstverniögens zu betrachten ist. Nur der liopt" ist vol-
lendet, alles übrige mit der Iireidc leicht angedeutet. Dieses Blatt