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Gessner,
Salonxon.
Dieser ausgezeichnete Mann, dem es zuerst gelang, Achtung für
deutsches liunstgenie auch in Frankreich, England und Italien zu
erwecken, offenbarte in zwei verschiedenen Gebieten dcrliunst, der
lYIalerei und Poesie, die Schönheit seines Gemiiths. l-iier in die-
sem gedrängten Ausznge kann nur vom Maler die Rede seyn; das
übrige überlieferte sein würdiger Biograph I. l. Huttmgcr. Schon
in der Schule, freilich zur Unzeit, beschäftigte sich Gessner mit
Waehsbildilerei, zeichnete ebenfalls in späterer Zeit, jedoch ohne
Plan und Wahl, was ihm vor die Hände kam, bald aus der Natur,
bald nach eigener Erfindjng oder den Nachbildungen der Kunst,
je nachdem Laune oder Zufall ihn leiteten. Von seinen Eltern
zum Buchhandel bestimmt, {wurde er nach Berlin geschieht, um
sich dort in einer angesehenen Buchhandlung zu seinem künftigen
Berufe vorzuhreiten. Strenge, ja lsnechtisehe Behandlung verlei-
deten ihm das Haus, und er verliess es. Seine Eltern suchten ihn
durch Zurückhaltung der Wechsel zur Wiederkehr in dasselbe zu
bewegen. ein Umstand, der ihn zwang, durch eigene Wlittel sich.
zu helfen, wobei er mit angcstrengteln Fleisse mehrere Landschaf-
ten von eigener Erfindung H] Oel malte, ohne jemals darüber eine
Anleitung erhalten zu haben; sonst hätte er wohl nicht seine Far-
ben statt mit Leiniil mit Baumöl gerieben, so dass die Qemiilde
nicht trocknen wollten. Obgleich diese Arbeiten den Beifall des
k. Hofmalers Hempel erhielten, so bestimmte es ihn doch nicht,
sich ausschliesslich der liunst zu widmen. Erst in seinem ßösten
Jahre entschloss er sich diese Bahn zu betreten, und er brachte
es durch beharrlichen Fleiss noch dahin, die Schöpfungen seiner
Phantasie auf eine "eist- und geschmackvolle Weise mit ilem Pinsel
und der Badirnaded darzustellen. Unter allen Iiilnstlern seiner
Zeit, die, wie er, Italien nicht gesehen haben, kann keiner in
Absicht auf einfache Schönheit der Composition, auf geschmackl-
volle Form der Gebäude, Iileidungen, Gcrüthschaften, die Ver-
gleichung mit ihm aushalten; keiner hat so das Edle und Schöne
des Alterthums in sich aufgenommen, und es wieder in seinen Wer-
ken angewendet, als er.
Seine ersten ölfentlich bekannt gewordenen Versuche im Ratliren
bestehen in Vignetten und liupterstichen zu Büchern, die 175Öheraus-
kamen. Sein erster! Versuch in der Aetzkunst ziert die erste Ausgabe
des Friihlingsgedichtes von Iileist. Eine sehr geistreiche Vignette mit
Berthold Schwarz befindet sich in Vogel's ArtillerieJVissenschaft.
Vier Neujahrsbliitter, die Stufen des menschlichen Alters, von 1759
bis 1763, zeigen noch Unbeholtenheit in der Zeichnung und me-
chanischen Behandlung; rasche Fortschritte schon die erste Kus-
gabe seiner sämmtlichen Gedichte in 4 Grossolstav-Bäinden, mit
Titelkupfern und Vignetten, worunter besonders die der beiden
letzten Bände schon grösscre Sicherheit der Zeichnung und anmu-
thige Erfindungen verrathen.
Zehn Landschaften in 'gr. lt. vom Jahre 1761, im Geschmaclm
Waterlods, miliirften die Vergleichung mit diesem berühmten Vgl-bilde
nicht scheuen; aber in das ideale Land des Schönen und Edlen
ist er schon hindurchgedrungen in den von 1767 72 in qu. 8
_und k]. Fol. herausgegebenen Landschaften. Auge und Hand sind
sicher geworden; geistreiche liraft und liebevoller Flciss sind über-
all sichtbar.
In der Reihe seiner Arbeiten folgt nun die niedliche Oktavarls-
gabe seiner Schriften in 5 Bänden, mit Titelkupfern und Vignetten
voll Geist und Zartgefuhl, die m den Jahren 1779 72 heraus.
kam. Die vollkommenste und reichste Ausstattung von Seite
der liunst liess er jedoch seinen Gedichten in der grossen Quart-