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Eyck ,
Johann
und
WIRD.
Hubert
mehrere Theile des Wiesengrundes lieber in einem etwas verriebe-
nen Zustande, um durch stärkere Uebermaluilg nicht etwas Fremd-
artiges hineinzubringen- Einige "weniger sorgfältige Betouchen
scheinen von späterer Irland zu sein. Aufschluss über die erste Re-
stauration gibt Y'aern_evvich's Historie van Belgli 1565. Dieser Chro-
nikschreiberer fuhr die Sache von Schoreel selbst, denn er sagt, dass
er aus dem silbernen Becher getrunken habe, welchen der Meister
zur Belohnung erhielt.
Die Anbetung des Lammes bildet den grösseren Theil des Altars.
Ueber derselben, oder in der obern Region des Mittelbildes, sieht
man in der mittleren Abtheilung den thronenden Gott Vater, einen
Mann in der höchsten Kraft, nicht nach Raphael und Michel An-
gäds Weise als Greis mit langem Barte dargestellt. Sein Haupt
5c mixcltt die piibstliche Krone und sein Unter- und Oberhleid ist
von brennen-d rother Farbe, mit goldnem Saurne. Ihm zur Rech-
ten ist Maria, ebenfalls thronend vorgestellt, eine Gestalt voll in-
"nigster Andacht und seligster Ruhe. Ihre Ziige sind von hoher
Reinheit und Schönheit. Auf dem Haupte trägt sie eine prächtige
goldene Krone, und ihre niedergeschlagenen Augen sind auf ein
Buch geheftet, welches sie mit beiden Händen hält.
Gegenüber, zur Linken Gott Vaters, ist Johannes der Täufer, dem
sein starkes dunkles Haupthaar und Bart ein finsteres Ansehen ge-
ben. Auch er hält in der Linken einBuch. Sein Unterkleid ist
von Fell und darüber trägt er einen griinen Mantel.
Dieser mittlere Theil des Altares zeigt nach Schnaase (Nieder-
ländische Briefe S. 514) die Marltscheiile zwischen zwei grossen
Perioden der Kunst, indem er die Vollendung der friihern und die
volle jugendliche Schönheit der spätem wahrnehmen lässt. Die drei
obern Gestalten sind noch auf Goldgruncl gemalt, einzeln statua-
risch, und sie schliessen sich also an die Richtung des Mittelalters
an. Im Vergleich mit den frühem, hart und eckig oder unbestimmt
geformten, lleiligenbildern, ist hier zwar schon eine sehr viel grös-
sere Vollendung des Lebens, vollere Gliederung, frischere Gama-
tion, allein es ist noch sehr viel Typisches beibehalten. Die Ge-
sichtszüge des ewigen Vaters sind dieselben, die wir auch noch an
dem Christushopf von I-Iemling in der Boisserödsehen Sammlung fin-
den. Iiopf und Gestalt zeigten sich ganz von vorn. Die grossen
Augen sind in gerader, fast starrerllichtung, das Purpurgevvand fliesst
gleiehi-nässig zu beiden'Seiten des Throns herab. Die ganze Er-
scheinung hat noch etwas architektonisch Strenges. Aber daneben
erhält sie durch die glänzende Farbe, durch das Leuchtende des
lcrystallenen Scepters, des Goldes und der Edelsteine an der piibst-
liehen Krone und an der Agrade, besonders aber durch den Glanz
des Auges und die frische Farbe der Carnation, ein Element des
Lebens, das den friihern Bildern fehlte. Auch die Jungfrau zeigt
sich dem Beschauer in der Weise des alten Styls in ganzer Breite
zugewendet, aber in ihren Ziigen finden wir das Motiv des Mil-
df-äll. das auch schon frühere Werke des Mittelalters haben, mit
einer höhern Iiraft und Lebensfiille ausgesprochen, während es
dort ins Unbestimmte und Weichliche übergeht. Selbst der Johan-
nes, obgleich männlich kräftiger und desshalb schon individueller
aufgefasst, hat dennoch Ueberreste von architektonischer Symmetrie.
Es sind also noch Gestalten des Mittelalters, aber sie erscheinen, wie
Schnaase sagt, wie in ein Element frischen Lebens getaucht, in ju-
gendlichemGlanze. Vielmehr, als in diesen Bildern, finden wir uns auf
der untern Tafel auf dem eigentlichen Gebiete der Eyclüschen Schu-
le. "Es sind nicht mehr einzelne oder symmetrisch gruppirte Gestalten,
auf Goldgrunde, sondern Alles ist schon ein Ganzes, wirkliche