Johann
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'Hubert
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nackten Figuren auf, welch-e indessen seltenvorkommen, aber
auch die Bekleideten erhalten (lndurch iiftcr etwas Unsichere; in
Stellung und Haltung, und dieses ist die schwache Seite der Eyckk
scheu Schule, wovon der Grund wuhl darin zu suchen ist, dass
zu jener Zeit das Studiurn- der Anatomie und nach dem Nackten,
zum Theil vielleicht aus einem miss-verstandenen Scllaaingefiihle,
noch nicht iiblich war. Alles was Jan van Eyck und Seine Schii-
ler sahen, bildeten sie auf das Getreueste und 'I'äuschendste nach;
die Formen des Körpers konnten sie aber durch die starken Gewän-
der nur ahnen und erratheu, und es war das Einzige, was sieufast
so gut, wie aus der Idee malen mussten. Die Körper der citer
vorkommenden nackten ilhristuskinder sind jedoch weniger fehler-
haft gezeichnet, weil sie dieselben nach der Natur gemacht ha.
ben. Daher erscheinen sie aber auch auf der andern Seite meist
widernatiirlich, die Formen der Glieder sind wenig ausgebildet und
mager, die Gesichtcrwon unbestimmten uft hässlichen Ziigen, und
vom Ideale entfernt; dabei verhalten sie sich fast immer gänzlich
Passiv. Diese Meister glaubten, nur sehr junge Kinder zum Mu-
ster nehmen zu durten, bei welchen jene Eigenschaften an Bildung
der Formen, selbstständiges Bewegen, Umsichbliclteu undjTheil-
nehmen an der Handlung aber nicht zu denken ist.
WIei-larviirtlig ist die Art, wie Johann van Eyck seine Gewandung
behandelt hat. In seinen friihern Bildern, wo er in der Composition
symmetrisch und mehr nach der alteirWeise ist, hält er sich in der
Bekleidung der Hauptpersonen christlicher Religion in der Form
wie in den Falten an die Gewandung, welche damals in der Skulp-
tur üblich war. Sein GottvVater, Maria, Johannes der Täufer sind
demnach über die einfachen Untergewiindcr mit einer Art Mantel
bekleidet, welche den Messgeivlinderti nachgebildet sind. Sie wer-
den auf der Brust von einer Agraffe zusammengehalten und fallen
zu beiden Seiten herab, so dass sie den vorderu Theil des Leibes
frei lassen. Wenn sie mithin schon in der Form vom alten Typus
abweichen, hat der Wurf der Falten desscnuugeachtet noch viel
vonident Einfachen, Grassen, IdealenLzu welchem sich schon die
Anlage in den altchristlichen Darstellungen der Apostel findet, die
in- den Sculpturen des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts
entwickelt und ausgebildet wurden. So wie indessen Jan van Eyck
die Gesichtshilduxig der Maria zuweilen nach einer Frau aus sei-
ner Umgebung genommen, desgleichen auch ihre Bekleidung. Sie
hat dann ein Unterkleid von Goldstoii mit langen engen Aermelll
und ein violetsamxulnes Uebcrkleid ein, wie beides in den Nieder-
landen damals getragen wurde. Nur sind die vielen, willkiihrli-
chen, kleinlichen Falten-Brüche nicht zuloben.
In den spiiteru Bildern, welche" in der Composition Willliiillfli-
eher sind, hält sich der Künstler in der Bekleidung seiner heili-
gen Personen viel mehr an die altchristliche Tradition. Nur äus-
serst selten kommt hier das Messgewand vor. Die Dllaria ist über
einer blauen Tunica mit einem Pcplum von derselben Farbe be-
kleidet; die Apostel sind ebenfalls _mit der Tunica und einem Pal-
lium der Alten angethau. Der Faltenwurf ist hier ganz eigenthiim-
lieh und sehr malerisch behandelt und augenscheinlich aus einer
genauen Beobachtung der Natur und des Lebens hervorgegangen.
ie Falten folgen ungesucht in ihrem Hauptzuge der jedesmaligen
Stellung oder Bewegung des Leibes, und lassen die Gestalt dessel-
ben ungefähr erkennen, ohne sie absichtlich zu sehr 'zu zeigen;
[dabei haben die einzelnen Brüche etwas Zufälliges, Individuelles,
sind aber bis auf die kleinsten genau lnotilirt. Nur selten bildet
diese Gewaudung grosse Massen, dessenungeachtet ist sie aber V01!