Delaroche ,
Paul.
Herzog im Schlafzimmer des Königs ermorden, wo die Scene selbst
nicht mehr vorgeht, sondern vorgegangen ist. Diesen Gegenstand
hat der Künstler vortrefflich behandelt. Er versetzt ganz in die
Zeit der Handlung; die Sorgfältige Malerei der Costüine und der
Umgebungen erinnern mit Gewalt an sie. Der Künstler hat hier,
wie überhaupt in der Historicnmalerei, nur Ausgezeichnetes gelie-
fert. E5 herrsche eine freie sichere Meisterschaft in jedem Pinsel-
strich und ein niederlnndischer ausdauernder Fleiss bis auf das
kleinste Stück des Nebenwerkes. Dadurchl hat das Ganze eine
schöne Abgeschlossenheit gewonnen und der tragische Augenblick,
den das Gemälde vorstellt, wird durch den eleganten, geschmück-
ten lrarbencindruck, welcher Delaroche eigen ist, noch mehr ge-
hoben.
Delaroche ist auch in der Plastik erfahren. Man hat von ihm
einen heiligen Georg in _Bronze, ein Werk von bedeutendem Vep
dienstc. Alle diese Arbeiten sind mehr oder weniger von bedeu-
tendem Umfang; in neuester Zeit aber sollte er sich an ein ungc.
heueres Unternehmen wagen, das ihm nach der Vollendung die
erste Stelle unter den französischen Künstlern sichern müsste, Es
wurde ihm nämlich von der Regierung aufgetragen, das Leben dm-
heil. Magdalena in der ihr geweihten Kirche m sechs halbzirliel-
förmigen Bildern von [L0 Fnss Durchmesser auf die Wand zu mn-
len. Delaroche reiste im Jahre 1854 zu diesem Behufe nach Ita-
lien, um die alten italienischen Meister zu studiren und zugleich
auch um sich mit der Frescomalerei bekannt zu machen. Der
Künstler hatte schon bereits einige Cartons vollendet, als er in
Italien vernahm, dass man die Halbkuppel dem Histoi-iennialer
Ziegler übertragen habe. Delaroche kehrte jetzt nach Paris zu-
rück und wollte von der ganzen Arbeit abstehen; das Resultat
konnten wir noch nicht erfahren.
Delarochc ist mit Ingres und Delacroix der Glanzpnnkt der mo-
derneii französischen Schule. Er verliess den von David und sei-
nen Nachfolgern eingeschlagenen Weg, und brach eine neue Bahn,
auf welcher er sich den Namen eines Historienmalers in der ei-
gentlichsten Bedeutung erworben hat. Von der_Natur mit einem
richtigen Gefühl, mit einer gewandten Harid,_ mit Scharfblick und
Phantasie begabt, ist er im Besitz. der vorzuglichsten Eigenschaften
eines Künstlers. Er sucht den Stoff zu seinen Produktionen in
der Geschichte der Menschheit, er forscht in ihren Annalen, er
erdichtet nichts, er strebt die Wahrheit der Natur treu wieder zu
geben; wir begegnen desshalb nur kraftvollen Gestalten, deren
Anblick uns Bewunderung gebietet. Seine Werke sind beredtc
Seiten eines schön geschriebenen Geschichtsvvcrkes. Er bewegt
durch die Wahrheit seiner liäirben und durch. die Motive seiner
Darstellung; er weiss bisweilen einen Anflug von dichteriseher
Schönheit zu verbreiten, doch hat auch seine Prosa Fülle und
Stärke des Ausdrucks , Wohllaut und Rhythmus.
Paul Delaroche bekannte sich niemals zur neuen Schule: er
liess sich nicht irre führen durch ihre 'l'heorie; sein Styl ist dem
Gedanken angemessen, die Iform erscheint bei ihin in grösstef
Strenge ohne Uebertreibung in Stellung und Bewegung, und der
Ausdruck ist diesem äemäss, wahr und bezeichnend. Bei Dela-
roche finden wir da ier die Macltel der modernen französischen
Schule gar nicht oder nur in einem geringen Grade. Es ist die-
ses ein Künstler von grosser Bedeutung.
Nachrichten über die Werke dieses Künstlers linden sich zer-
streut in französischen Blättern und im Kunstblatte von Hofi-nth
Schorn, wo 1854 Nro. 57 E. Collovv in den Briefen über die