ner Kunst bestehe gerade in denEigenschaften, die sie tadelnswerth
machen: in der oft willkührlichen Zeichnung, in der Vorliebe für
das Griissliche und in einer phantastischen Behandlung der Farbe.
Delacroix ist der Schöpfer einer Menge aus dem Leben gegrif-
fencr Darstellungen; dasjenige Bild aber, welches ihn zuerst all-
gelnein bekannt machte, stellt eine Mordscene auf Chios vor, die
1324 grosses Aufsehen erregte , aber von den Anhängern Da-
vid's heftig getadelt wurde. Es gibt überhaupt unter den neuem
französischen Malern wohl keinen, über dessen lVerth und Un-
werth von Iiennern und Nichtltexlnern ein so heftiger Streit ge-
fiihrt worden wäre, als iiber Engen Delacroix.
Indessen hat er in dem lYIassacre auf Chios ein unhestreitbares
Talent geoffenbaret und geltend gemacht, und auch in einer späteren
Darstellung, in seinem Sardanapal, der auf dem Scheiterhaufen in
einem reichen Bette liegend, Frauen, Pagen, Hunde und Pferde
erwiirgen lässt, finden sich bei grossen Fehlern auch Spuren eines
eminenten Talentes. Dieses Gemälde erschien 1322. und es beur-
kundet hinreichend Delacroixäs Vorliebe zum Ausserordentliohcn,
so wie er denn unstreitig von der Natur mehr dazu gemacht ist,
die furchtbaren Catastrophen des Schicksals oder menschlicher Lei-
denschaften, als zarte und gefällige Gegenstände, zu behandeln.
Mehrere der Figuren jenes Gemäldes sind verzerrt und schrecklich
anzusehen, sein Geist war aber von seinem Gegenstand dergestalt
durchdrungen, dass er ihn mit einer gewissen Naivetiit wiedergab
und sich vom theatralischen Effekt fern hielt; in der Ausführung
aber steht dieses bizarre VVerk, SOWOlll in Hinsicht der Zeichnung
als des Colorites. tief unter der Mordscenc auf Chios. Die Luft-
perspektive ist schlecht beobachtet, die meisten Körper, besonders
die nackten, sind schiilerhaft ezeichnet. Mehrere der sterbenden
Frauen sind in einzelnen Theäen vortrefflich, das Ganze aber er-
scheint immer phantastisch und zum Hiisslichen sich ncigend.
Auch in der Färbung entging das Bild dem Tadel nicht, obgleich
Delacroix von Natur ernptänglicher fiir das Colorit als für die
Form ist, und hätte er nicht Hegellosigkeit zu seiner ersten Regel
gemacht, so wiirde er sich gewiss in diesem Thcile der Iiurxst sehr
vervollkommnet haben. Anstatt durch fleissiges Studium die Natur
in ihren Geheimnissen zu belauschen, tritt er in diesem Bilde mit
dem vermessenen Anspruch auf, alles, was in der Iiunst zu colo-
riren für musterhait gegolten hat, zu verwerfen oder_1._u iiberbie-
ten. Ohne alle historische und theoretische Einsicht lll die Natur
und Verwandtschaft der Farben, heisst es im Iiunstblatte 1828 bei
Gelegenheit einer Critik dieses Bildes, folgt er seinem Hang zum
Neuen, Uugewöhnlichen, Audallenden, und ersticht die Stimme
seines eigenen richtigen Sinnes, der nur hie und da, und gegen
seinen Willen durchzublichen scheint. So ist das Bett SardanapaPs
rosenroth, die Elephantenköpfe an dessen Eclaen von gebrochenem
Citronengelb u. s. w. Auch nennt man die Wirkung des Colorites
bunt und für das Auge bietet sich kein Ruhepunkt dar, sondern
dieses muss unstiit umherirrcn und zuletzt beleidiget Sieh vom Ge-
mälde abwenden.
Besser als sein Sardanapal ist Christus am Oelberg, in dem er
gleichsam gegen seinen Willen der Grösse undEiniachheit des Ge-
genstandes huldigen musste. Es war dieses 1828 unter allen Bildern
dieser Art im Salon fast die einzige Darstellung, die nicht eine
Satyrenauf ihren Gegenstand zu seyn schien.
Gerllhmte Arbeiten dieses liiinstlers sind noch: der Tod des Bi-
ßClNJfS Ton Lüttich; Athalie; Locusta; die Souvenirs de Gericault;
der Tod des Dogen Marine Fulieri; Virgil und Dante von Plegias