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David ,
Jacques
Louis.
tern wegen der höchst verständlichen Composition gelobt und he-
sonders die Figur des Achilles erlauben, in dem man ganz den ho-
merischen Helden erkannte, so wie man in Agamemnon allen Glanz
der Majestät erblickte. welchen Homer ihm beilegt. Die Ziige der
zum Tode gehenden Iphigenia drücken, ungeachtet des Kummers,
Unschuld und Jnngfriiuliclilieit aus und in Clytemnestra soll man
die aufl-alimmende, von_ mutterliel-ier Verzweiflung bekämpfte, Hoff-
nung 011401111911, da ein BlICli Agameinnoifs den mächtigen Zorn
des den Zug hemmenden Achills zurückhiilt.
Ein sehr anziehende: Bild mit halben Figuren in Lebensgrösse
ist der Abschied der Nymphe Eueharis von Telemach , im Besitze
des Grafen Schonborn, zu Reichariltshausen und abgebildet in de
Basfs Axmalvs du 5311m de Gand. 1820. Das einem ist an dem
Ganzen sv lvllßlmvßfib, dass man dieses Gemälde vielleicht als das
wärmste und lieblichste von David's Arbeiten betrachten kann, wie
auch die niederländischen Kenner und Iiiiustler, die es bei
der Ausstellung zu Brüssel sahen, nrtheilten. Der erste Eindruck,
den es macht, ist überraschend. Diesen bewirken starke Gegen-
siitze von Licht und Schatten, aber auch bei längerer Betrachtung
bleibt dem Werke immer ein gewisser VVerth.
Didot zu Paris hat eine WViederholung vom Zorne des Achilles
und andere Arbeiten aus der Zeit seines Exils sind bei M. Nai-
geon daselbst.
David ist unter allen Malern seiner Zeit der einzige, der eine
Schule gegründet, so wie er auch der ausgezeichnetste ist unter
denen, die in der verflossenen Zeit der sogenannten akademischen
Methode folgten. Er erkannte durch seinen richtigen Verstand etwas
Höheres in der Kunst, als er selbst zu leisten vermochte und dess-
wegen ermangelte er auch nicht, vorzügliche Talente anzuerkennen
und wollte nie, dass seine Schüler sich seine eigenen Werke zu
Muster nehmen sollten; er war vielmehr erfreut, wenn er bei ei-
nem seiner Zöglinge eine eigenthiimliche Richtung bemerkte. Da-
vid stellte mit ausserordentliclicr Iiraft und Consequenz seine Grund-
sätze an seinen Werken dar und ein Hauptverdiexist seines Stre-
bens ist, dass er eine strenge Zeichnung einfiihrte, ein Vor-
theil, der unter seinen Vorgängern zu keiner solchen Ilöhe ge-
bracht war. Er hat auch durch Lehr und Beispiel wieder drei
Dinge in Aufnahme gebracht: die Nachahmung des Antiken nach
Winckelmanifs Anregungen, das Studium des Nackten und die
strenge Beobachtung des Costiims. Ein charakteristisches Merkmal
dieser neueren französischen Schule ist das "Theatralische, Ueber-
tricbene in Stellung und Geberde, aber dieses gefiel und gefällt
zum grossen 'I'heil noch heut zu Tage in Frankreich. David's
Grundsätze und Auifassuugsart verbreiteten sich schnell in diesem
Lande, so wie auch in Italien, wo man längst Rafael vergessen,
in den Niederlanden und in Spanien. Gross sind indessen auch
die Vortheile. welche durch David die französische Schule erlangte;
aber es konnte dennoch ein System nicht bestehen, dass nicht so-
wohl aus innerer Originalität entsprungen, als aus iiusseren Ele-
menten zusammengebaut war. Die Begeisterung, welche David
anfeuerte , war eine politische, durch den Umschwung jener wil-
den Zeit veranlasst; so wie ihr die Gegenwart nicht mehr ent-
sprach, verlor sie sich_ von selbst, und der Pinsel, welcher die lieb
dengeschichte der römischen Republik gemalt hatte ,i stellte willig
den unbeschränkten Beherrscher von Frankreich dar. Bei mehre-
ren Anhängern der Schule artete das allzuausschliessliche Studium
der antiken Formen und Gegenstände in Fadheit, Ziererei und