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David ,
J acqucs
Louis.
David War 67 Jahre alt, als _die Bourhons zuriickkehrten und
Vergessenheit und Gnade verkündeten. Für David aber waren die
Worte Oubli et Pardon nicht gesprochen: er wurde aus dem In-
stitut ausgestrichen und aus dem Vaterlande verbannt, das er liebte-
Desswegen wählte er Brüssel zum Aufenthaltsorte, weil diese Stadt
niiher bei Frankreich ist, als Berlin, wohin ihn der Honig von
Preussen, vergebens einlud, um die Stelle eines Direktors aller
Kunstsammlungen zu ubernehmen. David starb auch in Briissel
als Exulant, denn er machte keinen Versuch, die Gnade des Iiö-
nigs von Frankreich zugewinnen. Er sprach im Gegentheilc sei-
nen Hass gegen denselben aus bei der Gelegenheit, als man ihn bewegen
wollte, (las Bildniss des Königs zu malen, um dadurch den D310-
narchen für den launstler zu gewinnen. David sprach. er wolle es
thun, wenn man _ihm den Kopf des Königs bringe. Die Verhan-
nung erstreckte sich auch noch auf die irdischen Uebm-l-este de;
Iiiinstlers, denn seinem Sohne wurde es verweigert, dieselben nach
Frankreich bringen zu dürfen.
Es sdieint, als hätten Alter und Verdruss ihm den Pinsel entreis-
sen müssen, aber er malte auch noch im Exil, ja. bis an sein Ende;
denn sterbend hatte er noch den Pinsel in der Hand. Seine Ge-
mälde stellte er zu Gent und in Briissel aus und der ersteren Stadt
schenkte er auch vier seiner schönsten Zeichnungen, wofür ihn
diese mit einer goldenen Medaille beehrte. Auch seine Schiller
licssen ihm zu Ehren eine Medaille prä en, die Galle schnitt, und
der Maler Gros überreichte sie ihm in ihren Namen. Unter sei-
neu Schülern sind Männer von ausgezeichnetem Verdienste, wie:
Drouais, Girodet, Gcrard, der bezeichnete Baron Gros, Fahre,
Ingres, Abel de Pujol, Drolling u. a.
In der Zeit, als David das Scepter in der Malerei ergriff, folgte
der Geschmack keiner Regel, er nahm die Laune zum Vorbild und
mithin verirrte er sich, da er die Natur verliess. David ist derje-
nige geniale Mann, der in Frankreich nach Vic-n die Richtung der
Malerei geändert, die Götzen des schlechten Gesyf mackes umge-
stiirzt und dieQuelle gezeigt, aus der man schöpfen, weicher durch seine
eigenen Werke den Weg bestimmt hat, den man einschlagen muss.
Als er sich zuerst aus der alten Manier" losgevvuntlen und seinen
Styl begründet hatte, ging sein Streben olienhar auf Darstellung
edler Charaktere und schöner Formen. Jene suchte er in den Ge-
schichten der Hilmer und Griechen, diese in den Bildwerken, die
uns von beiden übrig geblieben sind. Aber seine COXDPOSlIlQHJGXI
erhielten nicht den tiefen Ausdruck einer edlen Idee, welche See-
nen und Charaktere in ihrem innersten einfachsten Wesen ergreift,
sondern den iiussern Punkt theatralischer Leidenschafllichlieit, und
seine Formen, nach Statuen puriiizirt, und ohne durchgreifende
Harmonie der Farben dargestellt, bleiben zum grossen Theil fro-
stig und ohne Naturwahrheit. So erschienen die IIuratier als eine
höchst theatralische Composition. Mit diesem Bilde und mit sei-
nem Belisar beginnt David die erste Periode seines künstlerischen
WVirkens und diese reicht von 1780 bis 1789, wo er seinen Brutui
malte. Androinaclie und Ilektor, Paris und Illelena und der Tod
des Sokrates sind ebenfalls in dieser seiner ersten Manier geferti-
get. In den VVerhen dieser Epoche herrscht eine strenge, kräftigt!
Zeichnung, aber dem "lon des Fleisches fehlt häufig WVahi-heit, die.
Draperie ist nicht gut geordnet und die Bilder sind in manche?
Hinsicht Bggpeliofs ähnlich. In seinem Brutus opferte er dein FF
fekte zu viel. Das Uninenschliche des Opfers erleidet auch nuCh
eine Unwahrscheinliclilieit; die entseelten Leichnanie der Sühne
werden vor dem Hause des Vaters vorbcigetragen.