Volltext: Cleomenes - Dumesnil (Bd. 3)

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Ilaedalus. 
tensischen Bildner bezeichnet. Die Iiunst war ursprünglich zunächst 
an dieHeiligthümer, ihre Gebräuche und Bilder gebunden und auf 
Vervielfältigung ihrer Symbole, Geriithe nndBildsäulen beschränkt. 
Zahlreich waren dergleichen Bilder schon in Aegypteii, als der 
Gebrauch derselben aus Aegypten nach Griechenland gekommen, 
wie denn überhaupt der Uebergang ägyptischer Lehre nach Grie- 
chenland in unsern Tagen bis in die fernsten Beziehungen ent- 
hüllt ist.  
Es sagt schon Herodot, dass die meisten Götter aus Aegypten 
gebracht wordeirseien, doch wollte man nicht an den ügvptischen 
Ursprung der griechischen Iiunst glauben, weil die irrige Mei- 
nung YVincheliiianNs, dass die griechische Mythologie iinabliiiii- 
gig und die Verwandtschaft mit der ägyptischen erst durch die 
Priester daselbst nach Alexander herausgebracht worden, zu grosse 
Autorität fand, doch irrig wie Thiersch (Epochen. S. 55 A.) dar- 
getlian hat. VVir iniisseii demnach in Griechenland gleich anfangs 
eine gewisse Ausbildung der Iinnst suchen; sie erscheint hier nach 
Tliiersch (l. c. S. 50) nicht iin lianipfe mit den Stoffen durch Ver- 
suche aufgehalten, da sie vollendete Abgeschlossenheit und Werk- 
fertiglieit in ihrer alten l-leiiiiath gewonnen und unbestiininbar 
lange besessen hatte. Ihre Werke sind nicht gestaltlos. Sie wa- 
ren zwar uiigellillig liir das, an spätere Iinnst gewohnte Auge, aber 
in ihrem Gepräge fest, und Pausanias glaubte, dass von ih- 
nen etwas Göttliches zurüclsstrahlc. Sie waren nicht gering an 
Zahl, zahlreich wie die Tempel, nicht nur Standbilder aus gerin- 
gen Stollen, sondern noch ehe der älteste Styl verlassen wurde, 
aus Marmor, Elfenbein und selbst Gold, zum Theil Colosse, die 
den Wnnderwerlien im Zeitalter des Phidias und Polylilet als Ur- 
formen gedient haben. In Griechenland konnte jedoch die plastische 
Iiunst ihr ursprüngliches ägyptisches Gepräge gleich anfangs nicht 
treu bewahren, weil jeder Cultus mit allein, was ihm zugehört, 
überall beim Uebergange auf andere Yöllrer einen _Theil seinerEi- 
genthiimliehlseit ablegt und dein Bedurfniss nachgibt, so weit er 
kann, ohne sein Wesen aufzuheben. "Dazu wirkte noch, dass die 
ägyptische Art bei ihrer Ausbreitung über Griechenland an nicht 
wenigen Stellen mit dem, was Phonikier, Ilarier, Telchinen und 
andere Urbewohner des Landes geleistet hatten, zusammentraf, wo- 
durch eine Ausgleichung der verschiedenen Weisen Bedürfniss und 
Aeiiderung in dem uralten Gepräig nothig wurde. Daher ward ihre 
strenge Form und Geschlossenheit ii1 Aegypten durch heilige Sat- 
zungen festgehalten, in Griechenland gemildert, uiibestiminbar 
wann, aber doch lange vor der historischen Zeit in der Ferne 
mythischer Jahrhunderte. Dädalus, S0 meldet die Sage, weckte sie 
aus ihrer langen Ruhe auf und verlieh ihren Werken Bewegung. 
Allein die Kunst, obwohl der Strenge heiliger Satzungen entho- 
ben, wandelte nicht ununterbrochen auf dem WVege zui ihrer vol- 
len Selbstständigkeit fort, der unmittelbare Einlluss ägyptischer 
Art erstreckte sich tiefer in die Zeiten hinab. Athen, in der Ur. 
zeit durch Ansiedlung und Giitterdienst, Gesetze und selbst VOllRS- 
eintheilung unter allen griechischen Staaten am meisten mit Ae- 
gypten zusainiucnhiingßttil, ljlelbl? C111 Hauptsitz der bildenden Iiunst. 
Von hier aus gehen die hiinstmanner der Urzeit, unter dem N11- 
men Dädalus begriffen, aus. Nach Aegypten ziehen sie und dem 
ägyptischen Creta, um ihre Bildung. Ihnen folgen Wahrsager, 
Mysterienstifter, Priester und wieder kommen Aegyptier, für Grie- 
chcnland zu arbeiten. Noch Pausanias sah ein Bild des Theseul, 
das Werk eines ägyptischen Mannes. Die Verbindung ist dein- 
nach hier fest und bleibend, das iigyptisch-iittische Gepräge aber,
	        
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