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Cornelius,
Peter,
Bitter
eher die Schrift sagt, es sei unmöglich, von hinnen hinüber oder
von dannen herüber zu fahren.
Nun ergibt sich denn auch die natürliche Theilung des Raumes,
Wornacli auf der rechten Seite des Erlösers das Eingehen zum llini-
melreich, auf der Linlien das Hinabfuhren in die Hülle dargestellt
ist. In Gruppen und Iieiheii werdenhdie Frommen von _Eiigelu
und Schutzgcistern eniporgeleitet, Ilonige und Bettler, Greise und
Jünglinge, Helden und Personen anderer Stände. VVirliliche hi-
storische Personen sind nicht eingeführt, sondern nur symbolische
Charuistcre, als lteytiriisenttinten der ganzen Gattung. Nur Dante,
der eigentliche Schoptm dieser firt von Darstellung, der dein Künst-
ler eine Menge Ideen lieferte, schwebt hier init Beatrice in hü-
here Räume, aber nicht G0theßin_ tieferem Kreise, den Einige zu
erkennen glaubten. Auch der königliche Dichter, der das Bild und,
die Iiirche gestiftet, leicht erkennbar an den bedeutsamen Ziigen,
folgt seinen leitenden Engeln. Cornelius folgte hierin den älteren
lYleistern, die ihre besonderen Gönner oder den Donator in die Ge-
mälde einführten.
Auf der andern Seite, wo die entgegengesetzte. Bewegung von
oben nach unten stattfindet, gibt sich der vergebliche YVidei-staiiil
der Verdmiiniten zu erkennen, wie sie von strafeiiden Engeln aus
der schon erlalimmten Höhe herabgeschleudert, von peinigenilen
Dämonen ergriffen, umfasst und hinabgezogen werden. Tiefer uii-
ten hat der Künstler, iin Gegeusatze mit dem thrunenileu Erlöser,
den Herrschersitz des Satans, diesen selbst mit hohnlachenilei"
Verzweiflung die Reste seines Reiches iiherschaueud, von den
Todsünden umringt und zu Fussschenieln die Häupter des Juilas und
Segesfs, des Verriithers deutscher Freiheit, dargestellt. Iiii unter-
sten Raume zeigt sich hier die Strafe und Trennung der durch
fleischliche Sünde auf Erden Vereinigten, während auf der andern
Seite die VViedervereinigung reiner Liebe, die auf Erden durch
den Tod getrennt worden war, und ihre Einsegnuug durch den
En cl hervortritt.
iuch in dieser grossartigen Compusitiou spricht sich das Gefühl
hoher Klarheit aus, unter deren Gesetz die ungeheure lkifel mit
ihren Figuren, Gruppen und Scenen steht. Die Grundidee tritt
unmittelbar durch die drei grossen Gestalten der Mittellinie hervor,
welche die Majestät, die Ileiliglieit und Allmacht des Weltrichtebs
vergegenwärtigen. Zu beiden Seiten ordnen sich die Radien des
Guten und des Bösen in der Scheidung, welche durch das lßrurt
der Schrift und den Lehrsatz der Iiirche ausgesprochen ist, Bei
aller Iilarheit herrscht dennoch wwjchlbereclinctc Fülle und Bewe-
gung, die sich zumal in dem naturhehen Gegensatze beider Hiilf-
ten , in der hier nach oben, dort nach unten ziehenden Richtung,
iii den heiteren Reihen lllldv ungezwungenen (Jruppen der Engel
und Seeligen, dem dichten (Jewuninel, in den vei-zweilelteii Ge-
herden und letzten Anstrengungen der Verdaniinten und ihrem ver-
geblichen Anstreben gegen den Himniel und truclitlosen Iiampt mit
den Dämonen, in dem Tliroiien der (Jerechteuaut den Stühlen der
äleppgqhkeit und in dein tiefen und graueiihalten Sitze des Königs
er insterniss aus ira
Die kühnen Gestlaltän der Verdaminniss, ihre Wendungen und
Verschliiiguiigen erinnern an den grosseii FlorentinernMichel
gelo, und in der lieblichen Auffassung in dem Yerlilurten Reigen
der Himmlischen ist" ein Anklang an Angeliedda Ficsole, aber keine
Nachahmung. Der originelle Geist des lYIeisters waltet in einem
ganzen Cyelus neuer Scenen, besonders in der colossaleii Trias
der Mittellinie. In der Haltung und im Ausdruck des weltrichten-