Cornelius ,
Peter,
Ritter von.
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Die eigentliche Iirone der Darstellung finden wir in der Gesell-
schaft der SillllluCäCr, Wo der Iiünstler in drei Personen die Le-
bensessenz einer ganzen Sekte ausznschütten gewusst. In dem ei-
nen derselben, gleichsam die figürliche Einheit des Systems, spricht
Gestalt, Haltung, Tracht, Blick, Alles bis an die Fingerspitzen der
phlegmatisch auf den Rücken gelegtenlliintle den Geist des Or-
dens und seinen Namen aus. Was der Hort der Sadduciier in sei-
ner persönlichen Abgeschlossenheit durch eine allgemeine Thesis
ausgesprochen hat, das greifen zwei andere in Gesprächsform auf.
Ihre Gedanken sammeln sich sichtbar zu Worten, man möchte sie
ihnen von den Lippen lesen. Der eine, etwas ernst gehalten, scheint
eine Frage hinzuwerfen, auf die er gleich von vornhinein wenig
oder gar kein Gewicht legt; der andere antwortet darauf mit einem
ironischen Lächeln im Sinne der absolutesten Verneinung. Wer
diese sonnenklare Beziehung liiugnet, der ist ein Skeptiker, wvie
es noch nie einen gab, ein dreifacher Sadduciier, wie der Referent
im Iiunstblatte 1835 S. 25'; behauptet, wo überhaupt in Nro. 63 ff.
reiche Bemerkungen über diesen Carton izu lesen sind.
Wie bei den Sadducäern, so ragt auch bei den Pharisiiern einer
als Vllflnßllfl empor, als das Haupt ihrer Gemeinschaft. In der
Erscheinung liegt eine anmassliche Pracht und NVürdc, als wiire
er einer von den Pfeilern des Synedriums, wo nicht dessen Vor-
steher. Das Fett des Landes ist ihm gut bekumnlßn. auch die
Häuser der Wittwen dürlten ihm schmecken. Mit ähnlichem und
noch keckerem Humor hat der Künstler die beredte Physiognomie
ausgeprägt, fast bis zu der Linie, wo das Geschichtliche in Carri-
katur umzuschlagen droht und der Streit über die Grenzen der'
Malerei und Poesie beginnt.
Aus dem Gesichte des zweiten Pharisäers, dessen Kopf hinter
dem Obigen sich zeigt, erblichen wir brütende Schadenfreude, fin-
steren Ernst, feindselige Beobachtungsscliiirfe, und darin ist nicht
etwa ein lYIitglied des leitenden Ausschusses, sondern er selbst in
seiner Gesannntheit vorgeführt. Nicht zufrieden mit dem blossen
Anblick strecken die Pharisäer spottend ihre Arme gegen den Ge-
kreuzigten aus. XSie schliessen sich mit der statthaftesten drama-
tischen Lebendigkeit so bestimmt als möglich von der freigeisteri-
sehen Gleichgültigkeit der Sadducäer ab.
Nikodemus und hinter ihm Joseph von Arimathia bezeichnen den
Gipfelpunkt der Umgebung zur Rechten des Kreuzes. Es verhält
sich mit ihnen und mit Longinus und dem Hauptmann zur Linken
ganz so, als wollten sie sich über den Hiiuptern der ersten Chri-
sten, die den Iiern der Gemeinde bilden, die Hände reichen, urn
durch ihre Annäherung den Bund vollständiger zu rundem Die
anfängliche Unentschiedenheit des Ersten, sein zunehmender Glau-
benseifer, der aber dennoch das Licht des reinen 'I'ages fürchtet;
spricht sich an der angenäherten und doch auch wieder entfernten,
g eichsam schwebenden Stellung klar aus. Der Ausdruck des Ni-
codemus verkündigt das Finden eines unendlichen Gutes, das lange
gesucht, allinählig immer näher rückte, bis es endlich in unbeding-
ter Gewissheit aufgeht. Die Erscheinung Josephs von Arimathia
paart kindliche Einfalt mit altviiterlicher"Freuherzigkeit, den Na-
tursirln des Christenthums in der schlichtesten Bildsamkeit dar-
stellend.
Der Hauptmann an der andern Seite des Kreuzes , welcher nach
dem Zeugnisse der Schrift dort VVache hielt, bringt auf seinem
Bosse mit gebeugtem Haupte und gefalteten Händen dem Kreuze
das ileniiithigste Opfer der Andacht dar, im Namen "seiner gleich-