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Boucher,
Franz.
Boucher und Vanloo waren die Maler ihrer Zeit; sie friihnten ih-
rein verworienen Geschmaclse und wurden von ihr gepriesen , mir
ten iin Stroine des Vcrdcrbcns. Vor allen wurde Bouchcl- gefeiert,
den man seiner liisternen, leichtfertigen Gegenstände wegen den
Maler der Wollust und der Grazie nannte. Allein diese war nur
eelile Ziererßi, (lclm Natur, Einfachheit und cin reiner edler Styl
waren in (lerlfrivulitiit derZeit untergegangen. Boueher führte indes-
sen den gänzlichen Verfallkles Edlen und Erhabencn in der hdalerei
in Frankreich herbei. Schon Watteau legte den Grund, aber man
hatte noch immer eine gewisse Grazie, Keuschheit und Sittsamlieit
beobachtet, jetzt aber war die Zeit gekommen, wo die Malerei zur
Darstellung der niedrigsten sinnlichen Lüste dienen musste, Sein
schlechter moralischer Cllilrillilßf iiusserte sich in allen seinen Wer-
ken, die, als Darstellungen tinziichtigei- (iegensiintlc, seinen Lc-
benslauf bezeichnen, den Giinstling eines wolliistigen Iiiinigs und
einer Pompadour. Fontin Desodoards Louis XV. toin. II. 211i.
Diderut schildert in seinem cssai sur la peinture diesen litinst-
1er als einen Mann, der nie den Sinn der Iiunst, sondern nur die
Concepte aufgefasst hatte. Seine Jungfrauen nennt Diderot schöne
liederliche Geseliiiiafe, seine Engel ldeine ausscliiveifende Faunen.
Watelet will seinen Sehliferinnen nicht einmal Artiglseit zugestehen,
und die oft hässlichen Schäfer bezeichnet er als Liebhaber, welche
nicht zu sagen wissen, dass sie lieben. Keiner, sagt dieser Schrift-
steller, hat die glänzenden Eigenschaften einer ausserordentlichen
Leichtigkeit mehr missbraucht, hciner die IFeraChLting gegen wahre
Schönheit, wie sie die Natur uns darbictet, wie sie von den Alten
und von Rafael empfunden und ausgedrückt wurcie, mehr gezeigt,
als Boucher, und keiner hatte das allgemeine Vorurtheil mehr liir
sich, als er. Er arbeitete wirklich mit einer unbegreiflichen Schnel-
ligkeit, und führte selbst grusse Cumpusitionen aus, ohne andere
Hiilfe, als die, welche seine Gewandtheit und seine ziemlich regellose
Phantasie ihm darbuten. Sein Colorit, welches anfangs die Nichtlaen-
ner durch eine gewisse Frische täuschte, wurde später nicht min-
der verwerflich gefunden, als seine Figuren; diese erschienen ganz
eigentlich, nach dem Ausdrucke eines alten Malers, wie mit Hu-
sen gespickt. Seine Landschaften nennt Diderot einen Rasenplatz,
oder ein vierecliiges Petersilieiifeld, denn Boucher verachtete das
Studium nach der Natur und ist überall manierirt. In der Anord-
nung seiner Figuren ist er nicht immer uugßfiillig, und ES Sind {i-
nige Gemälde von ihm vorhanden, die zeigen, dass er auch fur
die Harmonie der Farben Gefühl besessen, und sich aufs Helldun-
kel verstanden habe. Man versichert sogar, er habe die Verdienste
der grossen Meister zu schätzen gewusst, und derer gcspottet, die
eine Manier bewunderten, welche er aus keinem andern Grunde
annahin, als um auf dem schnellsten und leichtesten Wege viel
Geld zu verdienen. Dass indessen Buucher den Geist in Iiafaefs
Werken nie gefühlt, nie verstanden habe, dürfte entschieden seyu.
In seinen Arbeiten ist auch nicht die entfernteste Spur von jenen
hohen, einzigen Eigenthiiinliclilseiteii, die jenen Meister auf den
höchsten Grad der ltunst, im cigentliclistcn Sinne des Wortes, ge-
stellt haben. Ein Beleg dieser Behauptung ist auch der VGYl-ZOlXFl-G
Rath, den er einem seiner Schüler, dem Christ. von Mannlich. bei
seiner Abreise nach Rom gab. Er sagte niiinlich: „Ne faites PIIS
long sejour a Reine; je vuus conseille d'etudier surtuut PAlhaii et
leGuide. Rafael nialgre sa grande reputation, est un peintre liieii
triste ct Michel-Ange fait peur. Voyez les, inais iie vous avisez
Pils de les imiter, vous ilmiciitlriez froitl coiiiuie glace."