Cimübllß ,
Giovanni.
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Nach Florenz zurückgekehrt malte Cimabne im Kloster von 8.
Spirito in drei Bogen Begebenheiten aus der Geschichte Jesu, die
aber nicht mehr vorhanden sind. Zu dieser Zeit malte er auch
das berühmte Bild in der Iiapelle Iiucellai in S. Maria Novelle,
das sich bis auf diese Zeit noch gut erhalten hat. Das Gemälde
zeigt die Nladonna mit dem liinde auf dem Throne, von sechs En-
geln umgeben, in einem für jene Zeit ungewöhnlich grossern
Maasstabe ausgeführt. Abgebildet ist das Bild bei dhkgincourt
yeint. pl. 108 und zwei halbe Figuren im Iiunstblatte 1821 Nr. g.
In diesem, so wie in dem Madonnenbilde der Florentinischßn
Akademie kann man den Beginn des Lossagens von der byzantini-
schen Iiunst augenscheinlich nachweisen, und wenn auch Cimabue
diese Trennung von dem Ueberlieferten noch nicht ganz vollbrachte,
so ergibt sich doch aus der Vergleichung beider Bilder, Welchen
Anlauf er zur Befreiung der italienischen Iiunst aus dein byzanti-
nischen Schulzwange genommen hat. Denn während seine ältere
Madonna mit dem gleich hinblickenden Rinde und den ihr zur
Seite gestellten statuarischen Erzvätern in der Sammlung der Aka-
demie in Rücksicht der steifen Anordnung, der harten Formen, des
braunen schweren und undurchsichtigen (Jolcrits, noch der byzan-
tinischen Schule angehört, so müssen wir dagegen die Madonna
in St. Maria Novelle, mehr aber noch den göttlichen Iinaben, den
sie auf dem Arme trügt, als das geistige Eigenthum Cimabutfs er-
kennen. Hielt er sich auch noch riicksichtlich der iiussern Anord-
nung an dieselben Vorbilder, welche dem Guido, Duccio und ant-
dern Zeitgenossen als Muster galten, so bemerken wir zunächst
schon im Colorite eine audallende Veränderung; denn diese Iilar-
heit und Frische, diese Durchsichtigkeit der Fleisehtintexi, über-
haupt diese neue TGIIIPGPEI. hat mit dem byzantinischen, triibereni
zäiheren und schwereren Auftrage nichts gemein. Er verwendete
ungemeinen Fleiss auf die Zeichnung. Von den entblössten Bussen
der knieenden Engel sind einige so schön gezeichnet, dass sie ein
genaues Studium nach der Natur verrathen.
Nicht aber das Technische, nicht die Zeichnung und Malerei sind
das, wodurch Cimabue sich den Namen eines hiinstlers erworben
hat, es ist der neue, eigenthiiinlichc Geist, den er seinem Christus-
Rinde, verliehen hat. Er hat Christus als Rind, als den Knaben,
in welchem sich der Sieger über Tod und Sünde und der Erloser
und Befreier der Welt ankiindiget, so ausgesprochen, dass kein
Späterer uns eine neue OiTenbarung gegeben hatte; es sei denn
Raphael in der sixtinischen Madonna.
Ebenso wie Duccio's Bild wurde auch Cimabue's Madonna in
feierlichem Festzuge aus der Werkstätte des Malers, wo sie bereits
König Iiarl von Sicilien, der Bruder Ludwigs des Heiligen bes
sucht hatte, nach der Iiirche S. Maria Novella getragen, ohne 11361
wir angeben können, in welchen von beiden Städten dieses zuerst
geschah.
Von Cimabue ist auch der colossale Christus auf griechischem
Throne (Majestas) und die Gestalten der Mutter und des Johannßß,
ein bekanntes alles Musaik in der Primaziale zu Pisa. Vasarl sieht
dieses als ein Werk jener griechischen Maler an, die eher tunehßß
als malen konnten, und denen gegenüber er die Verdienste Clfnb
bne's preist. Der treliliche Künstler E. Förster fand aui seiner
Reise in Italien, die er aus Auftrag des Kronprinzen von BaYem
1855 unternahm, im Dornarchive zu Pisa, dasseben 111365 Verach:
tete Werk das letzte seines gepriesenen Florentiners sei. E! 3m.
chen dieses nach Förster die 1502 an Cimabue gemachten Zu u"
Naglefs Künstler-Lear. HÄBd. 35