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Carra cci ,
Lu dwig.
erhielten die Gemälde ein schweres, undurchsichtiges und materiel-
les Ansehen, wobei man, mit der Iixmstsprache zu reden, die l'a-
lete" bemerkt, nämlich die bestimmten und rohen Farben, deren
sich der Maler bediente.
Zugleich ist seitdem auch in der allgemeinen IIarmonie der Far-
benwu-kung ein von dem ehemaligen sehr verschiedenes Prinzip
eingetreten. _Es trat das Bestreben hervor, die Harmonie vornehm-b
lieh durch einen das Ganze beherrschenden dunklen Schattentun
hervorzubringen. Die Farben wurden zu Gunsten derselben von
ihrer Schönheit herabgestimmt und mehr abgediimpit, als es die
Luttperspel-ativc ertbrdert. Man liebte und verstand nicht mehr die
Composition schöner und kräftiger Farben, und das Colorit des
Annibale Carracci in der Farnesinischezi Gallerie fallt theils zu sehr
in das Graue, theils zu starl-a in das Ziegeltartiige. Vgl. Beschrei-
bung Roms von Platner, Bunsen, Gerhard und liöstell I. 550. H.
Ludovico Carracci, der Vetter Annibale's und Agostinifs, war
der Sohn eines Fleischer-s, und im Innern zurIiunst getrieben, 1mm er
in die Schule des Fontana; allein er war anfangs so langsamen Geistes,
dass er eher zum Farbenreilaer, als zur Verschmelzung und zur Be-
handlung der Farben gesehatTen zu seyn schien. Funtnna rieth ihm
daher, die Malerei aufzugeben, und auch Tintoretto zu Venedig sagte
ihm ein Gleiches, denn die Mitschüler verspotteten ihn als geistes-
trägen Ochsen; alles verschwor sich ihn zu entmuthigen, nur er
fasste Muth, liess sich durcliWide-rstand nicht verwirren, sondern
nur anre en. Er studirte die Natur, gab sich über jede Linie Re-
chenschaä, und glaubte, ein Jüngling müsse nur gut arbeiten, bis
diess in Gewohnheit über-gehe, und die Gewohnheit dann zur
Schnelligkeit verhelfe. In Bologna studirte er die besten Einheimi-
schen, m Venedig hielt er sich an Titian und Tintoret, und in
Florenz bildete er seinen Geschmack nach Andrea's Gemälden und
Passignands Lehren. Nach seiner Rückkehr wurde er in Bologna
gut aufgenommen, und auch für einen guten Maler geachtet, aber
er sah ein, dass er gegen die Anhänger Correggirfs nicht an-
kämpfen könne, wenn er sich nicht zunächst neben den Seinigen
einen Anhang zu verschaffen suche. Sein Bruder Paolo trieb die
Malerei, war aber sehr schwach und arm an Geist und Itath, auf
diesen achtete er mithin wenig; desto mehr aber auf seine zwei
Vettern , Aiostino und Annibale. Diese verdienten neben Ludovico
schon das ob grosser Künstler, aber sie hatten noch immer mit
dein Schicksale zu kämpfen. Ihre ersten Arbeiten, die Fabel des
Jason, unter Ludwigs Beistand dargestellt, wurden als ungenau
und unzierlich getadelt, der Tadel erhielt Gewicht durch die ersten
Maler der Zeit, und Ludwig und Augustin waren schon VVillens
mit dem Strome- zu schwimmen, und zu dem alten Styie zurückzu-
kehren; aber Annibale rieth, kräftig gegen die Manieristen anzu-
kämpten, sein Ilath wurde betblgt, und dieser führte zu der be-
absichtigten Umwälzung des Styls. Um die Kunstbeflissenen zu
gewinnen, errichteten sie eine Malerakademie in ihrem Hause, wo
sie bald solchen Zuspruch landen, dass sich D. Calvart des gräss-
ten Theils seiner Schüler beraubt sah. Auch von andern Seiten
eilten Jünglinge dahin, und endlich musste jeder Name dem der
Carracci weichen. Von dieser Zeit an erschien eine bedeutende
Anzahl von Werken dies-er Künstler, welche aehtbare Denkmäler
der sich wieder liebenden Kunst zu nennen sind.
Diejenigen, welche Ludovico lieferte, zeichnen sich durch Stärke
und Wahrheit im Ausdrucke der Leidenschaften aus, durch mei-
stens geschmackvolle (iewandung, die Färbung aber ist nicht an-
genehm.