Callot,
Jakob.
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Lastern ihn, wie er oft im Mannesalter gegen seine Freunde
rühmte, die schützende Hand Gottes glücklich bewahret hatte, und
suchte seinem Iiunstziele ernstlich näher zu kommen.
In Florenz fand ein toskanischer Offizier den hiilflosen Fremd-
ling, und brachte ihn zu Remigius Canta-Gzillina in die Lehre,
der damals unter den in Florenz lebenden Iiiiiistlern nicht ohne
Auszeichnung genannt wurde. Sein Aufenthalt in dieser Stadt
dauerte nur kurze Zeit, wahrscheinlich aber legte Callot schon hei
Canta-Gallina den Grund zu demjenigen Iiunstzirveige, dem er her-
nach vorzugsweise sich hinfrah, der Iladirnaclel, indem sein Mei-
ster ein ausgezeichneter Fedcrzeichncr war, und das Zeichnen mit
der Feder der Radirnadel vorzüglich förderlich ist. Um Rom, das
eigentliche Ziel seiner Sehnsucht zu scheu, versehen ihn sein Mei-
ster und sein VVohlthiiter mit dem niithigcn Iieisegeld; aber kaum
war er angelangt, erkannten ihn Kaufleute aus Nancy, die sich
seiner bemächtigteil und den Flüchtling zu seinen Aeltern zuriick-
fiihrten. Allein er konnte nicht den Griffel mit der Feder vertau-
schen, entlief im 15. Jahre zum zweitcnmale, und schlug den Weg
nach Italien ein. Doch kam er iliessmal nur bis Turin, wo ein
älterer Bruder Callofs seiner ansichtig wurde und ihn den Aeltern
wieder zufiihrte. Als aber auch jetzt nicht die Sehnsucht nach
Italien erkaltete, so gab der Vater den wiederholten Bitten des
Sohnes nach, und vergönnte ihm, sich der Iiunst in Rom zu wid-
men. Mit der Gesandtschaft Heinrich II., an die er sich anschloss,
betrat er im 18. Jahre endlich zum zwcitenmale Rum, das Ziel
seiner feurigsten Wünsche. In Rom kam er zu dem lYlaler Julius
Parigi in die Lehre, helliss sich bei demselben auch mit grosser
Anstrengung der Zcichenkunst, fühlte sich aber doch mehr zum
Iiupferstecher als zum Maler berufen, und erhielt endlich auf vie-
les Bitten Philipp Thomassin, aus Troyes gelaiirtig, zum Lehrmei-
ster. So setzte er unter Thomassin's und der Sadeler Leitung seine
Studien eifrig fort, bis die Eifersucht 'I'honiassin's unsern Iiiinst-
ler, welcher, zum feurigen Jüngling herangewachsen , wahr-
scheinlich einigen Eindruck auf des lVieistei-s schöne Frau ge-
macht haben mochte, zwang, sein Heil in der Selbstständigkeit
seines Talents zu suchen. Er ging nach Florenz, wo ihm eine
glückliche Fügung der Vorsehung selbst den Herrscher zum schüt-
zenden Genius auserkohr, in dessen Dienste er aufgenommen und
mit VVohnung und Gehalt versehen wurde. Hier knüpfte er die
Bekanntschaft lmit Cauta-Gallina Wieder an, stärkte eifrig sein
Talent, und war besonders beschäftigt, die Werke der grossen
Meister Andrea de] Sarto, Perino del Vaga u. A. durch den
Grabstichcl zu vervielfältigen.
Er begann eine Madonna nach Andrea dcl Sarto zu stechen, die
aber noch so wenig Rücksicht verdient, als ungefähr 50 Stiicke,
aus griisseren Gemälden genommen, welche er in Florenz geferti-
{ivet hatte, und unter denen seine Stiche, nach Salimbeni, vielleicht
cas Beste sind. Den Meister aber zeigen die 20 Stiche, in wel-
chen er die Schlachten und Siege der Medicis darstellte. Diesen
folgen an der Zeit die 7 Todsiinden ctc., nach Bernarilino Bar-
hatello, genannt Poccetti. Sie gehören aus dieser Periode zu den
besten Leistungen in der Grabstichelarlwcit.
Einem so feurigen 'l'alentc, wie Callut, konnte aber" die lang-
same Mechanik des Grabstiehcls nicht lange zusagen. Die klei-
nen Federzeichnuugen Canta-Gaillinas bestärkten ihn in dem Ent-
schlusse, sich ebenfalls laleineren Arbeiten hinzugeben, und sich
dazu der für schnelle und feurige Ausführung besonders geeigne-
ten Radirnadcl zu bedienen. Das Wunder des heil. Mansuetus,