Cagliari
(Calliari) ,
Paul,
Veronese.
genannt
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schüchtern, mehr ein fleissiges Vereinen der Tinten, als" ein leich-
ter unddreier Schwung. Immer freier und reizender ward er kurz
darauf in den Deckengemälden derselben Kirche, Wo er die Ge-
schichte der Esther darstellte, eine Arbeit, die ihm Bewunderer
erwarb und jene ehrenvollen Aufträge des Senates verschaffte.
Unterdessen hatte er Musse, Rom zu sehen, wohin ihn der Ge-
sandte Grimani mitnahm, und, Angesichts der dortigen alten und
fleufäfl Werke fühlte er seine Schwingen wachsen, wie er nachher
llil offentlichen Pallaste zu Venedig zeigte. Hier prangt seine Ein-
hilduugskraft in jedem Bilde, besonders aber in der Vergötternng
der Venezia. Sie ist vom Rubine gekrönt, vom Gerücht gefeiert,
V01! Ehre, Freiheit und Frieden geleitet; dabei stehen Ceres und
Juno, ihre Griisse und ihr Glück zu versinnlichen. Die Höhe ist
mit prachtvollen Bauwerken mit Säulen verziert, tiefer unten sieht
man auf einer Gallerie Herren und lllatronen, und" auf dem Vor-
grunde berittene Krieger, Waden, 'I'rophäen u. s. w. Dieses ei-
runde Gemälde ist ein Inbegriff jener Wunder, womit Paolo das
Auge bezaubert; Pracht ist hier mit Kunst in hohem Grade verei-
niget. Strozza, Mignartl und andere tüchtige Maler ertheilten
diesem Gemälde das Lob als einem der seltensten in der VVelt,
und wenige geben auch eine heiterere, prächtigem und beleben-
dere VVirl-auiig, als dieses. Die Franzosen hatten es aus der De-
cke herausgeschnitten und mitgenommen, doch hat Venedig diesen
wahren Schmuck wieder zurückbekommen.
Noch griisseren Namen, als durch dieses Gemälde, machte sich
Paolo durch seine sogenannten lldahlzeiteu; er malte nämlich sehr
oft die Hochzeit zu Cana, wonach die grössten Fürsten trachteteu.
Eine derselben war in St. Giorgio Maggiore zu Venedig, dreissig
Spannen lang, häufig copirt und schiitzbar wegen der vielen Figu-
ren, 1.30 an der Zahl, und der Bildnisse damals lebender Fiirsteil
und berühmter Männer, ein Bild, welches gleichwohl nur 90 Du-
katen kostete. Dieses Gemälde blieb in Paris zurück. Das zweite
ist in der Jnhann-Paulltirche, worauf lVIathäus dem Herrn ein Mahl
bereitet, berühmt wegen seiner Köpfe. Das dritte, Simons Gast-
mahl, ist zu S. Sebastian. Das vierte, dasselbe Gastmahl, wurde
an Ludwig XIV. nach Frankreich gesendet und in Versailles auf-
gestellt- Dieses zogen Venediger liunstrichter allen vor; daher
auch viele Copien davon emaclit wurden. Eine solche lieferte er
selbst für den Speisesaal der Mönche des heil. Nazarius und Cel-
sus, die nach Genua in die doria'sche Sammlung kam und von Vorl-
pato gestochen wurde. Auch anderes und Simons Gastmahl sah
Lanzi bei Herrn Durazzu in Genua.
Cagliari malte auch in Pallästen und Schlössern in Fresco; so
sieht man im Schlosse Catajo bei Botaglia die meisten Zimmer von
ihm gemalt. Die Frescomalereien im Schlosse Soranzo in der Nähe
von Lastelfranco kamen 1825 nach England. Der Pallast wurde näm-
lich niedergerissen, zuvor aber 22 Meisterwerke durch Vendrainini
von der Wand mit bestem Erfolge auf Leinwand übel-getragen und
auf diese Weise vom Untergange gerettet. Höchst sehenswerth sind
die Gemälde im Landhause des Doge im Strich Asolo, das von
Palladio erbaut und unter den Landhäusern der neuern Zeit be-
rühmt ist. Auch mehrere andere Säle und Zimmer {indet man in
Venedig und dessen Gebiet von Paolo gemalt.
In sechzig Jahren malte dieser lYIaler viel, doch nicht "zu viel.
Jedes Bild ist seiner würdig; jedes, sagt Ilidolfi, ist von irgend
Einem Maler copirt. Er malte mit erstaunlicher Leichtigkeit und
Sicherheit. Seine Farbe ist auch darum so rein und kräftig, weil
Naglefs Künstler-Lax. II. Bd. 18