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Buonarotti, Michel - Angelo.
chen, aber es wurde nur eines nach seiner Angabe ausgeführt, näm-
lich die Porta Pia, aber selbst diese ist nicht vollendet.
Wir haben bereits mehrerer Werke erwähnt, welche Michel An-
geln in der Malerei und Plastik hinterliess, aber es gibt deren noch
andere, welche ihm zugeschrieben werden. Die Gemälde dieses
Künstlers sind selten, denn er malte wenig und betrachtete über-
haupt die Malerei als weibisch. Es mag daher manches Bild, dass
als von Michel-Angelo gemalt angegeben wird, diesem Künstler
gar nicht angehören. Dagegen aber können sich mehrere Cabinete
rühmen, Zeichnungen von ihm zu besitzen, worin seine meisten
Cumpositionen bestehen.
In Rom werden ausser den erwähnten umfassenden Werken noch
mehrere andere dem Michel Angela zugeschrieben. Im papitoli-
nischen Museum ist seine eigenhändig gefertigte Büste in Erz, und
daselhst auch die Büste des berühmten Dichters Gabriel Faerno.
In der Gallerie Doria wird ihm Christus am Kreuze mit zwei nie-
derschwebenden Engeln zugeschrieben. Seine Gekreuzigten keh-
ren oft wieder, bald mit Madonnen und Johannes, bald mit zwei
Engeln, welche das Blut auffangen. Solche Bilder sind auch im
Pallaste Caprara, Bonligliuoli und Biancani zu Florenz. Ein sehr
schönes Crucifix hatGraf Chiappiuizu Piaceilza, und ein anderer
gekreuzigter Christus ist in der Kirche des Seminars zu Ravenna.
Alle diese Bilder, so wie die, welche die Frömmigkeit, das schla-
fende Jesuskind und das Gebet im Garten vorstellen, sind wohl
von Michel-Angelo gezeichnet, aber von Andern ausgeführt.
Im Pallaste Corsini ist eine Madonna mit dem Kinde, klein,
aber grossartig. Auch in München ist eine solche Vorstellung.
Im Pallaste Farnese ist die Büste Pauls III. mit feinem Bildwerke
auf dem Mantel. In der Kirche Sta. Agnese von der Porta Pia
wird.auf einem Seitenaltare ein ausnehmend edler und liebevoll
ausgearbeiteter Christuskopf aus glänzend weissern Marmor dem
Michel Angele zugeschrieben. Im Pallaste des Fürsten von Ca-
nino (Lucian Bonaparte) ist ein sterbender Christus in Farben,
und imGiustinianischen Pallaste gibt man die Gemälde mit dem
Baube des Ganymed und Venus und Amor als Werke dieses
Künstlers. ,
Auch in Florenz sind ausser den bereits erwähnten Wer-
ken noch eini e von der-Hand des Michel-Angelo. Ein weibli-
eher Kopf blieb, so wie die Büste des Brutus, unvollendet, wie
es denn überhaupt nur-wenige Bildwerke dieses Künstlerstgibt, die
er ganz vollendet hat. ÄDie erwähnten Sculpturen befinden sich in
der florentinischen Gallerie, wo man auch den Kopf eines Satyrs
sieht, an dem Michel-Angelo in seinem 15. Jahre schon die Kräfte
seines Genies mit Auszeichnung versucht hat. Im Saale des alten
Pallastes ist ein Heldenjüngling, welcher den Sieg vorstellt, wie er
einen gefesselten Sklaven unter seinen Füssen hä t, der zunrGrab-
male Julius II. bestimmt war. Dreier gemalter Crucifixe haben wir
oben erwähnt. In der fIoi-entinischenGallerie ist ebenfalls das fast
einzig gewisse Staffeleibild von der Hand dieses Künstlers. Es
stellt in_ runder Form eine heilige Familie vor, in Wasserfarben
gemalt, in deren harten und widrigen, obgleich wohl gezeichneten
äguren gar keine Anmuth und Lleblichkeit sichtbar ist.
Im Pallaste Pitti sind vier halbrunde Colosse und die Parzen,
ein 2 SChI-lll Ö Zoll hohes und g Zoll {t Linien breites Gemälde
mit höchst wahren und ausdruckvollen Köpfen, in welchem die
kleinsten Details mit Genauigkeit wiedergegeben sind. In der flo-
rentinischen Gallerie ist auch das Bildniss Michel-Angehfs, der
Sage nach von ihm selbst gemalt, und ein angebliches Oelgemähle des