Bounarotti ,
Michel Angele.
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Es war ein Schmerz fiir den Künstler den Bau nicht vollenden
zu können, welchen er durch allen Neid und [llldanli zur Ehre
Gottes führte. Es war seine längste und angelegenste Arbeit, sein
eigentliches frommes Tagwerk. Wie anfangs fiir Julius 11., baute
er nun für sich selber die Peterskirche zum grössten aller Grabmä-
16T, und das Pantheou setzte er oben darauf als Kuppel, das un-
geheuerste und letzte aller seiner VVerke. Von seinem Ster-
bqlilger sah er sie emporsteigen, doch zum Ende iiihrte" das Werk
Giacomo della Porta nach seinem Modelle.
Indessen ist diese Riesenhuppel in Rom nicht, das einzige archi-
tektonische Vlferla Michel-Angelds. Von den Ueberbleibseln der
diocletianischen Thermen verwandelte er den Biichcrsaal, wo sich
die reiche Bibliothek des berühmten Bechtsgelehrten Ulpian befand,
in eine Kirche St. Maria degli Angioli" genannt, eine der schön-
sten und heitersten Kirchen Roms. Ungliichlicher Weise änderte
in der ersten Hiilfte des 18. Jahrhunderts V. Vitelli (eigentlich van
lialf) schnörlaelntl und entslellend so viel daran, als er nur konnte.
Dessenungeachtet bleibt das Gebäude einer der schönsten Tempel.
Die Palästra schuf Michel-Angelo in einen Iilostergang (Chiostrn)
um. Diesen an der Iiarthause befindlichen ärossen Gang-bilden hun-
dort Säulen von Travertin, er istwlLlO Pa men lang und eben so
breit. In seiner Mitte ist ein Springbrunnen, um welchen Buona-
rotti die vier Cypressexi gepflanzt haben soll, di-e vor 1805 noch in
aller Pracht dastanrlen und für die griissten in ganz Italien gehal-
Wurden. Eine riss der Sturmwind nieder, die andern altern
merklich.
ßMichel-Angelo erneuerte auch das nieverwiistliche Capitol auf
dem uralten Unterbau von uugeheuern VVerkstiicken , welcher
schon von Tarquinius herriihrt. Allein die Gebäude des Capitols
erhielten bei ihrer Vollendung nach seinem Tode Zusätze und Ab-
änderungen von dem anfänglichen Plane des Künstlers. Das Beste
in der Architektur dieser Gebäude ist die Vorderseite des Pallastes
des Senator, der ganz nach Michel-Angeltffs Zeichnung erbaut ist.
Diese Faoade" zeigt im Ganzen gute Verhältnisse und die doppelte
Freitreppe, Welche zu dem Eingange des Gebäudes emporfiihrt,
bringt einen vortheilhaften Eindruck hervor. Keineswegs "schöne
Verhältnisse zeigen dagegen die Hllläste des Museums "und der Con-
servatoren. Das zu schwere Hauptäesims ertheilt ihnen" ein plum-
pes Ansehen, und die Säulen in en viereckigen Oeffnungen der
äussern Hallen sind zwecklos angebracht. "Die schweren und ge-
schmaehlosen Fensterbeltleidungen rühren zum Theil nicht von
Michel-Angelo her.
Buonarotti arbeitete auch fiir H. Strozzi, 'mit dem er in enger
Freundschaft stand. Er erbaute die Kapelle dieser vornehmen Fa-
milie in S. Andrea della Valle. An beiden Seiten erblickt man
hier zwölf antike Säulen und über dem Altäre eine Gruppe aus
Bronze, die Jungfrau Maria mit dem Erlöser auf ihrem Schoose
vorstellend, von dem beriihmtenWVerke des Petersdomes entlehnt.
seitwärts sind zwei ebenfalls in Bronze gegossene Statuen der zwei
Figuren des Grabmales Julius 11., ebenfalls von Buonarotti.
Von Michel-An_ elo's lfleisterschaft in der Baukunst zeugt auch
der Stulle Pßllast äarnese, mit dessen Plauder Iiiinstler unter ci-
ner grossen Anzahl von Concurrenteil den Vorzug erhielt. Auch
die Garten-Faoade der Villa Medici soll unter seiner Leitung cr-
baut worden seyn. Die alte Iiirche S. Pietro in Vincoli wurd?
schon unter Julius II. von ihm modernisirt.
Pius IV. trug ihm auch auf, Plane zu. den Thoren Roms zu ma-